Erdölgewinnung aus Ölsand in Alberta (Kanada).

EU macht Kniefall vor der Erdöl-Lobby

Der Vorschlag der EU-Kommission, neue Standards für CO2-Emissionen aus der Gewinnung von Kraftstoff aus Ölsand einzuführen ist unter anderem am Veto aus London und Den Haag gescheitert. Dennoch sei es nicht zu spät, noch im Interesse der Allgemeinheit zu handeln, meint Trouw.

Veröffentlicht am 1 März 2012 um 15:17
Erdölgewinnung aus Ölsand in Alberta (Kanada).

Vorläufig wird das umstrittene Erdöl aus kanadischem Ölsand nicht gebrandmarkt werden. Der Plan der Europäischen Kommission, den Zugriff auf diesen Kraftstoff mittels neuer Umweltstandards und der Einführung eines Labels zu entmutigen, ist Ende Februar gescheitert. Dank der Niederlande. Es gibt hierbei keinen Grund, darauf stolz zu sein.

Extrem aufwändig und umweltschädlich

Der Vorschlag der Kommission hätte eigentlich keine Diskussionen hervorrufen sollen: Sie will ein Label einführen, welches die CO2-Emissionen von Benzin und anderen Treibstoffen anzeigt. Das aus Ölsand gewonnene Erdöl, dessen Gewinnung extrem aufwendig ist,hat sich als extrem umweltschädlich erwiesen: Die Energie verschlingende Förderung verursacht einen CO2-Anstieg von 22 Prozent im Vergleich zur herkömmlichen Erölgewinnung. Ganz zu schweigen von den Schäden an der kanadischen Landschaft.

Der niederländisch-britische Ölkonzern Shell greift, neben anderen, auf dieses Verfahren zurück — und ausgerechnet die Niederlande und Großbritannien gehören zu den schärfsten Gegnern des Plans der Europäischen Kommission. Das kann kein Zufall sein.

“Diskriminierung” von Erdöl aus Ölsand

Die Lobby von Shell hat Berichten zufolge Den Haag die Türen eingerannt, um gegen das Projekt vorzugehen, und Konzerne wie BP und Total sind vermutlich in London und Paris ähnlich vorgegangen. Die Ölindustrie beruft sich dabei auf die “Diskriminierung” von Erdöl aus Ölsand und schimpft auf “Brüssels Reglementierungssucht” , was immer gut ankommt.

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Zudem hat sich Kanada Ende letzten Jahres aus dem Kyoto-Protokoll zurückgezogen, den internationalen Abkommen zur Senkungvon Treibhausgas-Emissionen. Offiziell, weil die USA und China auch nicht daran teilnehmen, doch der wahre Grund ist, dass Kanada weiterhin ungehindert Erdöl aus Ölsand und andere Rohstoffe exportieren will. Wenn Kanada aus wirtschaftlichem Eigeninteresse zu diesem Schluss kommt, ist das zwar ein Jammer, aber sei’s drum. Und dass Öl-Giganten wie Shell Experten auf dem Gebiet der Lobby-Arbeit sind, wird auch niemanden verwundern. Doch das letzte Wort sollten sie nicht haben.

Darum sind jetzt die Umweltminister am Zuge. Sie müssen die Interessen der Allgemeinheit vor den Interessen der Industrie schützen. Sie können den europäischen Plan, mit Hilfe eines Labels Treibstoff aus Ölsand als umweltschädlich zu kennzeichnen, noch retten.

Schiefergas

Grünes Licht der EU für Probebohrungen

Aus Ölsand gewonnenes Erdöl scheint eine glänzende Zukunft vor sich zu haben. Ähnlich sieht es im Fall von Schiefergas aus, welches aber ebenso viele Umweltprobleme aufwirft. “Die Erschließung unkonventioneller Gasvorkommen hat gerade einen Schub bekommen”, schreibt beispielsweise El País. Am Vortag legte die Europäische Kommission einen Bericht vor, der besagt, dass “es nicht notwendig ist, diese Form der Erschließung fossiler Energie, bei welcher das Gestein mit Wasser, Sand und Chemikalien durchlässig gemacht wird, weiter zu reglementieren. Ein Verfahren, beklagen hingegen Gegenstimmen, welches das Grundwasser verschmutze. Den Ländern sind also Explorationen erlaubt und “die Nichtregierungsorganisationen machen sich auf eine Welle von Probebohrungen zur Erschließung von unkonventionellen Gasvorkommen gefasst”.

Während die Explorationen in Frankreich und Bulgarien verboten sind, hat Polen, das über die größten Vorkommen verfügt, bereits vor Monaten mit den ersten Probebohrungen begonnen

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