Staging in Pisa? Fotomontage: Auge Blicke/ Flickr, Presseurop

Du Duppie! 2010 spricht italienglisch

Jahr für Jahr bereichern neue Wörter — meistens Anglizismen — unseren Wortschatz. Die Presse liebt Neologismen und verbreitet sie leidenschaftlich gern, erklärt die italienische Sprachwissenschaftlerin Linda Rossi Holden.

Veröffentlicht am 14 Januar 2010 um 15:15
Staging in Pisa? Fotomontage: Auge Blicke/ Flickr, Presseurop

Die italienische Sprache ist für äußere Einflüsse sehr empfänglich. Es reicht, wenn man die Presse liest oder andere Medien ins Auge fasst. Diese ständigen sprachlichen Einflüsse haben aus der italienischen Sprache eine Art Hybrid gemacht, häufig unverständlich, wenn die aus Fremdsprachen entliehenen Neologismen den vollen Sinn des Satzes beinhalten. Es ist also völlig gerechtfertigt, die sprachliche Entwicklung des Jahres 2010 im Bereich Kommunikation unter die Lupe zu nehmen. Die folgende Liste von zehn Wörtern aus dem englischen Sprachraum ist zwar nicht vollständig, doch habe ich versucht, jene Worte — aus Schlüsselbereichen — aufzuzählen, die aller Wahrscheinlichkeit nach 2010 ihren Durchbruch erleben werden.

1) Duppie. Derivativ des berühmten Yuppie, Akronym für young urban professional: Junger, berufstätiger Großstadtmensch, karriere- und geldbesessen. Zwanzig Jahre später wird aus dem Yuppie heute ein Duppie. Der depressed urban professional (der deprimierte berufstätige Großstadtmensch) hat seinen gutbezahlten Job verloren, und, um seine Rechnungen am Monatsende bezahlen zu können, akzeptiert er, worauf er früher hochnäsig herabsah: oftmals schlechtbezahlte Zeitarbeit.

2) Frugal fatigue. Der Verbraucher ist — nach Monaten der Sparsamkeit aufgrund der Krise — erschöpft. Er erträgt sein immer leeres Portemonnaie nicht mehr, genauso wenig wie die Kredite, die er bei den Banken abstottert muss.

3) Warmist. Jede Person, die die vom Menschen verursachten Gase für den Klimawandel verantwortlich macht. Sie würden den Treibhauseffekt fördern und so unausweichlich zur Erderwärmung führen. Im Gegensatz zum warmist, meinen die Zweifler, die sogenannten denier — seien es Klimaforscher oder nicht — dass kein dringendes Handeln nötig sei, um den Anstieg der Erdtemperatur zu stoppen.

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4) Meformer. Blogger oder User eines sozialen Netzwerks (insbesonders von Twitter) der "Posts" über sein Privatleben, seine Gedanken und Gefühle verfasst. Ein Internet-User, meistens weiblich, der den Gebrauch der sozialen Netzwerke zu autoreferentiellen Zwecken missbraucht anstatt zu "informieren", Hauptzweck der sozialen Netzwerke.

5) Pop-up store. Ein Geschäft, das sich in leerstehende Läden auf Zeit einmietet und kurz nach seiner Eröffnung wieder schließt. Die Waren sind saisonbedingt (z.B. Eisdiele in einem Ferienort, Spielzeug zu Weihnachten). Der Erfolg der Pop-up stores erklärt sich daraus, dass sie sich bei minimalem Verwaltungsaufwand der Kundennachfrage anpassen können.

6) Staging. Aufgrund der Immobilienkrise muss man, um einen eventuellen Käufer zu finden, die Immobilie verändern und verschönern: Wände streichen, Zimmer dekorieren, einen gepflegten Garten, usw...

7) Sexting. Wortschöpfung aus sex und texting. Es handelt sich dabei um das Versenden von pornografischen Bildern oder Texten über das Handy. Meisten sind es Jugendliche, die sie austauschen. Doch wird das sexting auch von Erwachsenen benutzt, die auf diesem Weg beispielsweise pädophile Inhalte verbreiten.

8) Pre-gaming (auch: pre-partying). Bezeichnung für die Gewohnheit sich im Vorfeld durch Alkoholkonsum auf eine Party vorzubereiten. Zahlreiche Jugendliche, um nicht zuviel Geld für kostspielige Cocktails auszugeben, kaufen sich vorher billigen Wein oder Bier, um bereits angetrunken sich auf Partys zu begeben.

9) Nontroversy. Nicht existierende Polemik, die nur dazu geschaffen wurde, um die Öffentlichkeit mit dem Anschein des Interessanten von einer ernsteren Sache abzulenken. Dieser Trend betrifft hauptsächlich die Politik, unterstützt von der oftmals instrumentalisierten Presse.

10) Blamestorming. Im Gegensatz zum brainstorming, Wort mit positiver Konnotation, basiert dieser Neologismus auf dem Wort blame (Fehler, Rüge). Man bezeichnet damit geschäftliche Meetings, in denen man versucht, den Verantwortlichen für einen gescheiterten Vertragsabschluß oder das Nichterreichen einer geschäftlichen Zielsetzung zu designieren.

Die American Dialect Society, wahrscheinlich die Organisation, die sich am intensivsten mit den sprachlichen Wandlungen auseinandersetzt, gab gerade das Wort des Jahres 2009 bekannt: tweet.

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