Die EU-Landwirtschaftskommission will im kommenden Juni innerhalb der Union ein neues Bio-Siegel für verpackte Bio-Produkte einführen. Anstatt Profi-Designer mit den Entwürfen zu beauftragen, schrieb man einen Wettbewerb für Design-Studenten aus. Von den 3422 eingereichten Entwürfen kamen drei — einer langweiliger und spießiger als der andere — in die Vorauswahl.
Diese Kreativitätsschwäche illustriert haargenau die Polit-Kommunikation der Europäischen Union. Auch das gerade vergangene Europäische Jahr der Kreativität und Innovation konnte daran nichts ändern. Alles, was die EU-Institutionen der Außenwelt vorzeigen, ist von erbärmlicher Einfallslosigkeit. Die visuelle Qualität der Websites von EU-Rat, Kommission und Parlament ist so dürftig, dass damit kaum Begeisterung für das europäische Ideal hervorgerufen werden kann [Ende Januar wurde europa.eu, das Portal der EU neu designt und vereinfacht]. Dasselbe gilt für die zahlreichen Broschüren, der EU-Informationszentren in den verschiedenen Mitgliedsstaaten — das von Den Haag erinnert dabei auch eher an eine Versicherungsfiliale — als auch für die Informationskampagnen.
Die Profis auf den Plan rufen
Aber heute gesteht Brüssel das schon 2004 vom Architekten Rem Koolhaas angeprangerte "ikonografische Defizit" ein. Nach dem Nein der Franzosen und Niederländer zur EU-Verfassung [2005] schuf die Kommission einen EU-Kommissar für Kommunikationsstrategie. Um den Kontakt zu den Bürgern wieder herzustellen, rief Margot Wallström Aktionspläne ins Leben wie den Plan D (für Demokratie, Dialog und Diskussion) und das Online-Diskussionsforum Debate Europe. Einer neueren Studie zufolge wurde aber quasi kein einziges Ziel der beiden Programme erreicht. Das ist auch nicht verwunderlich. Frau Kommissarin Wallström hätte gut daran getan, sich von den besten europäischen Kommunikationsexperten und Designern beraten zu lassen, von Profis, die wissen, wie man die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich zieht und die uns von Europa überzeugen können. Denn es gibt genug Gründe, von Europa überzeugt zu sein. Frieden, Wohlstand und Sicherheit sind keine Selbstverständlichkeit, sondern sind durchaus das Werk der EU.
Damit sich die besten Designer und Kreativen für Europa engagieren, müssen die EU-Institutionen in der Kommunikationsstrategie ihre Auswahlprozeduren verändern. Die Ausschreibungsverfahren sind zu begrenzt und zu komplex, um wirklich kreative Firmen zu interessieren. Zumal es im Interesse der EU liegt, sich als vor allem idealistisches Projekt von den anderen supranationalen Institutionen oder Organisationen zu unterscheiden. Alternativen gibt es. Warum nicht einen Kreativ-Pool damit beauftragen, für die Union Orientierungshilfen bei ihrer Kommunikationsstrategie zu erarbeiten? Wie sind alle Europäer. Wir arbeiten alle europaweit zusammen und profitieren alle davon. Wir tragen aber auch alle Verantwortung dafür. Deshalb ist es die Pflicht eines jeden Europäers, kreative Vorschläge für ein besseres Europa zu machen.
Hier schon mal einer für das EU-Parlament: Anstatt in dumpfe Werbegeschenke zu investieren, sollte man europäische Schriftsteller, jedes Mal einen anderen, damit beauftragen, eine Erzählung zur Idee Europa zu schreiben. Es gäbe eine Sonderausgabe für Staats- und Regierungschefs, und die Bürger der EU könnten das Buch für wenig Geld in ihrer Buchhandlung erstehen. Von einer effizienten Werbekampagne begleitet, könnte dies zu einem jährlichen Event werden, das die Europäer wirklich inspiriert.
GRAFIK
Talentiert wie ein Pole
"Polnische Grafikdesigner lassen wieder von sich hören", freut sich die Warschauer Tageszeitung Polska, und bezieht sich dabei auf einen internationalen Plakatwettbewerb, den die Kunststudentin Maria Mileńko, im dritten Studienjahr an der Universität Poznań gewonnen hat. Mileńko trug mit ihrem Werk namens "I Love Europe", das für den Europatag 2010 die Werbetrommel rühren soll, vor 1700 anderen Plakaten den ersten Platz ein. Das in Tausenden von Exemplaren gedruckte Siegesplakat soll nun bis zum 9. Mai an "allen wichtigen Orten der 27 EU-Mitgliedsstaaten" ausgehängt werden. Wie die Polska betont, gehört die so genannte "Polnische Plakatschule" seit Jahrzehnten zur internationalen Avantgarde. Schon 1948 gewann Henryk Tomaszewski einen angesehenen Preis bei der Internationalen Filmplakatausstellung in Wien. Polnische Plakatkunst wird aufgrund ihrer formellen Einfachheit, ihrer Ironie und ihrer innovativen Schriftzüge geschätzt. In der kommunistischen Zeit war sie eines der wenigen Ausdrucksmittel, mit welchen die polnische Kultur international sichtbar bleiben konnte.