Die Rechnung geht noch immer auf

Euroskeptiker betonen immer wieder, dass die Niederlande einer der größten Nettozahler Europas sind. „Milliarden von Euro“ fließen so in Brüssels Kassen. Aber bekommen die Niederländer auch etwas zurück? De Groene Amsterdammer findet darauf in der Serie „Euromythen“ eine klare Antwort.

Veröffentlicht am 26 Juli 2012 um 13:30

Dies soll eine kaltblütige Kosten-Nutzen-Analyse sein. Was zahlen wir und was kriegen wir dafür zurück an Landwirtschaftssubventionen und an Geschenken für benachteiligte Regionen wie Flevoland? Die Niederlande sind seit Jahren einer der größten Nettozahler in Europa. Rund zweihundert Euro pro Niederländer jährlich, insgesamt 3,6 Milliarden. Das ist aber immer noch weniger als zum Beispiel Schweden oder Deutschland.

Wir zahlen den Zugang auf den freien Markt

Aber die Frage ist, ob die paar Milliarden Subventionen aus Brüssel nützlich sind. In der Tat, nach Studien haben die Niederlande sehr viele Vorteile von Europa, die über die Nettozahlung hinausgehen. Hans Vollaard, Politologe aus Leiden: „Man muss die Zahlung als einen Beitrag zum Zugang auf den freien Markt betrachten.“ Und die Einnahmen des Jahres 2011 wurden ziemlich genau von der Zentralen Planung [Centraal Planbureau] berechnet: Der freie [europäische] Binnenmarkt sichert den Niederländern durchschnittlich ein Monatsgehalt im Jahr und der Euro ein Wochengehalt. Viel mehr als die Nettozahlung kostet. Wie kann das sein? Harald Benink, Professor für Banking und Finanzen: „Zwei Drittel unseres Volkseinkommens verdienen wir im Export, von dem drei Viertel nach Europa gehen. Der freie Markt ist enorm wichtig.“

Es ist schwierig zu schätzen, wie viel der Handel ohne den Binnenmarkt einbringen würde, doch seien die Ergebnisse der Studie laut Benink nicht übertrieben. Die meisten anderen Studien gehen von viel höheren Gewinnen aus. Nico Groenendijk, Professor für europäische Wirtschaftspolitik, betont zusätzlich, dass es nicht mit den messbaren Vorteilen getan ist. Der Gewinn durch Sicherheit und Stabilität lasse sich nicht berechnen.

Wir sind Nettozahler aber auch Nettoverdiener

Doch gibt es noch Randnotizen zu diesem „Gewinn“ zu machen. Er gilt für die Niederlande, aber nicht für alle Niederländer. Denken wir an die Bauarbeiter, die ihren Arbeitsplatz an polnische Kollegen verlieren. Und es bleibt die Frage der Euro-Kritiker, warum die Niederlande für den Zugang zum Binnenmarkt einen höheren Beitrag als andere Länder zahlen müssen. Es sei eine Frage der Solidarität die Entwicklung von ärmeren Regionen mitzutragen, lautet oftmals die Antwort. Josef Janning, Studienleiter am European Policy Centre: „Ein Land wie Deutschland profitiert noch mehr. Es kann fleißig exportieren, wo es ansonsten auf nationale Grenzen oder antideutsches Ressentiment stoßen würde. Die am höchsten entwickelten Länder können ihre Produkte in die weniger entwickelten Länder des Markts drücken. Das gilt auch für den niederländischen Export.“ Mit einem Wort: Wir mögen Nettozahler sein, in vielerlei Hinsicht sind wir aber auch Nettoverdiener.

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