Athen, 5. Mai 2010 : In der Nähe des Parlaments gehen Demonstranten und Polizisten aufeinander los.

Fast eine Revolution

Wenn die Regierung und die gesamte politische Führungselite "eine Krise" verhindern will "wie es sie noch nie gegeben hat", dann sollte sie auf die Unzufriedenheit der Demonstranten reagieren, die gegen die Sparmaßnahmen protestieren, meint der Leitartikler Giorgos Delastik.

Veröffentlicht am 6 Mai 2010 um 13:59
Athen, 5. Mai 2010 : In der Nähe des Parlaments gehen Demonstranten und Polizisten aufeinander los.

Seit der Rückkehr der Demokratie vor 36 Jahren hat es in den Straßen Athens nicht mehr so viele Demonstranten gegeben. 50.000, bzw. 100.000 Menschen haben ihrer Wut und ihrer Ablehnung Ausdruck verliehen. Sie verdammen die vom IWF und der EU verlangten und von der Regierung Papandreous verabschiedeten Maßnahmen.

Vor dem Parlament schmissen selbst betagte Menschen mit Steinen. Erstmals waren sich auch alle darüber einig, dass die Politik an dieser Krise schuld sei. Rufe wie "Raus mit den Dieben" oder "Diebe, Diebe", hörte man überall. Die Schreie waren für alle Abgeordneten bestimmt. Seit dem Ende der Militärjunta 1974 war es nicht mehr dazu gekommen.

Eine Krise, wie es sie noch nie gegeben hat

Ohne übertreiben zu wollen hätte die gestrige Demonstration auch der Beginn einer Revolution sein können. Nur wenig fehlte und die Demonstranten hätten das Parlament gestürmt. Man weiß nicht, ob die Abgeordneten oder die Minister das Ausmaß des politischen Wandels der letzten 24 Stunden verstanden haben. Wenn sie sich das aber nicht vor Augen führen, so steht uns eine politische Krise bevor, wie es sie noch nie gegeben hat. Streiks, Demonstrationen und Zusammenkünfte werden sich zunehmend radikalisieren. Die Griechen werden niemals die Armut und Not akzeptieren, die ihnen IWF und EU aufzwingen. Papandreou muss seine europäischen Partner davon überzeugen, dass die deutsche Kanzlerin Angela Merkel Griechenland mit ihren Maßnahmen an den Rand eines sozialen Krieges getrieben hat. In dieser Art von Situationen kann sich alles Mögliche ereignen.

Das Beste vom europäischen Journalismus jeden Donnerstag in Ihrem Posteingang!
Tags
Interessiert an diesem Artikel? Wir sind sehr erfreut! Es ist frei zugänglich, weil wir glauben, dass das Recht auf freie und unabhängige Information für die Demokratie unentbehrlich ist. Allerdings gibt es für dieses Recht keine Garantie für die Ewigkeit. Und Unabhängigkeit hat ihren Preis. Wir brauchen Ihre Unterstützung, um weiterhin unabhängige und mehrsprachige Nachrichten für alle Europäer veröffentlichen zu können. Entdecken Sie unsere drei Abonnementangebote und ihre exklusiven Vorteile und werden Sie noch heute Mitglied unserer Gemeinschaft!

Sie sind ein Medienunternehmen, eine firma oder eine Organisation ... Endecken Sie unsere maßgeschneiderten Redaktions- und Übersetzungsdienste.

Unterstützen Sie den unabhängigen europäischen Journalismus

Die europäische Demokratie braucht unabhängige Medien. Voxeurop braucht Sie. Treten Sie unserer Gemeinschaft bei!

Zum gleichen Thema