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Seit dem 17. Jahrhundert stemmen die Einwohner von Oberammergau alle zehn Jahre die Passionsspiele. Die Pest blieb weg und die Touristen kamen zu Millionen.

Oberammergau, der Passion frönen

Seit fast 400 Jahren geben die Einwohner von Oberammergau das "Spiel vom Leiden, Sterben und Auferstehen unseres Herrn Jesus Christus" alle zehn Jahre, um die Pest abzuwehren. In Vorbereitung auf das theatralische und touristische Monumentalevent beobachtet die Zeit ein Dorf im Ausnahmezustand.

Veröffentlicht am 2 Juni 2010 um 13:49
Seit dem 17. Jahrhundert stemmen die Einwohner von Oberammergau alle zehn Jahre die Passionsspiele. Die Pest blieb weg und die Touristen kamen zu Millionen.

Herrschaftszeiten, die Oberammergauer, was für ein verrücktes Volk! Leben in ihrem Dorf direkt unterm Kofl, Gipfelkreuz auf 1342 Metern. Nix mit zeitgenössischem Lifestyle, so ein Schmarrn, sondern dermaßen unglobalisiert, dass sogar das Internetcafé verstört. Und jetzt haben s’ wieder dieses Wahnsinnsding gestemmt: das Passionsspiel, die letzten fünf Tage im Leben des Heilands, weswegen von Mai bis Oktober die ganze Welt einfällt ins Dorf an der unfassbar schönen Deutschen Alpenstraße.

Die Passionsspiele sind ja quasi eine Oberammergauer Staatsangelegenheit, und weil fünf Monate lang das halbe Dorf auf der Bühne steht, wird jede Änderung an der bewährten Inszenierung mit hinreißendem Aufwand beratschlagt, begutachtet, beredet, auf dass, wie neulich geschehen, manchmal nur noch ein Bürgerentscheid klären kann, ob etwa die angedachte Verlegung des Spiels vom Tag in die Nacht als gut zu gelten hat.

Oberammergau ist ein Dorf, das will noch was, das ringt mit sich, da wird’s persönlich, da wird gehasst, geliebt, gelitten, jeder kulturkämpft mit, da rufen und schreien sie den Dramaturgen wegen seiner Textänderungen an, da gibt es Neid und Enttäuschung. Und am End raufen s’ sich noch jedes Mal z’sammen. Zum Originalartikel auf Zeit-Online...

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