Nichts ist besser als gar nichts ...

Mehr Zeit, mehr Geld. Nach schwierigen Verhandlungen haben sich die Finanzminister der Eurogruppe und der IWF auf ein nachgebessertes Hilfspaket für Griechenland geeinigt. 44 Milliarden Euro sollen Athen Luft verschaffen. Das ändert aber nichts wieder nichts an der Lage im Land.

Veröffentlicht am 27 November 2012 um 15:52

Die Brüsseler Vereinbarung, im Grunde ein Kompromiss zwischen Deutschland und dem Internationalen Währungsfonds, war weder einfach noch selbstverständlich. Ganz im Gegenteil drohte sie in der mehr als zwölfstündigen Verhandlung mehrfach zu scheitern, so berichten relevanten Quellen.

All denen, die leichthin behaupten, dass die Gewährung der Hilfen und die Schuldenregelung ohnehin schon beschlossene Sache gewesen sei, soll hier gesagt sein, dass dem Land ohne die Verabschiedung der Sparmaßnahmen [Anfang November] gar nichts genehmigt worden wäre und es sich in extrem ungünstiger Position wiedergefunden hätte. Andererseits sei auch gesagt, dass unsere Partner natürlich stärkere Maßnahmen im Hinblick auf unsere Schuldenlast hätten ergreifen können.

Die gewählte Lösung, heißt, die Kombination der Instrumente, diese ganze Zusammensetzung, um der klaren Entscheidung für einen unmittelbaren Schuldenerlass zu entkommen, ist wohl nicht die beste. Und das zeigt sich sowohl in dem tiefen Misstrauen gegenüber der griechischen Politik, wie auch im Einfluss der protestantischen Moral in der europäischen Politik.

Herzlose Buchhalter

Europa hat nicht flexibel gehandelt. Es hat die armselige Herangehensweise der herzlosen Buchprüfer, die in mangelnder Weitsicht nicht über ihre Nasenspitze hinausschauen, nicht überwunden. Es hat die Opfer, die das griechische Volk gebracht hat, nicht gebührend gewürdigt.

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Sicherlich hätten die Europäer großzügiger mit Griechenland sein können. Dennoch, „nichts ist besser als gar nichts“, wie unser Volk sagt. Hätten wir nicht die Vereinbarung von Montag, wäre der Dienstag ein anderer Tag. Jetzt haben wir Luft geholt. Trotz der vielen Beschränkungen und Vorbehalte bedarf es einer allgemeinen Mobilisierung, um das Land vollkommen neu aufzubauen.

Die Hilfe von außen reicht nicht und sie wird nicht ewig dauern. Das heißt, dass Griechenland von nun an verpflichtet ist, außer der Erfüllung des Versprochenen, gleichzeitig seinen eigenen Wachstumsweg zu entdecken.

Alle Kräfte des Landes, seien es politische, unternehmerische oder soziale Kräfte, müssen die durch die ausländische Hilfe erreichte Stabilität nutzen und alles Menschenmögliche tun, damit das Land wieder auf eigenen Beinen stehen kann.

Aus Pariser Sicht

Ein vernünftiger Kompromiss

Nach langen Wochen der Verhandlungen mussten die Länder der Eurogruppe und der IWF bei ihrer Sitzung in Brüssel am 26. November „eine zwingende Voraussetzung erfüllen: Den griechischen Schuldenberg abbauen“, schreibt Le Monde. „Denn sonst gäbe es keine Zukunft mehr, außer die Finsternis einer monumentale Pleite, welche die gesamte Eurozone erschüttern würde.“ Jedoch waren sich die beiden Parteien uneins über die Wege zu diesem Ziel:

Der IWF befürwortete eine radikale Lösung. Ein Schuldenschnitt: Die Gläubiger (die Zentralbanken) sollten auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten, so wie es die Privatbanken Anfang 2012 auch akzeptiert hatten. Aber weder die EZB noch Deutschland, in dem bald der Wahlkampf beginnt, waren damit einverstanden. Die 17 Länder schnürten also ein komplexes Maßnahmenpaket: Rückkauf der Staatsanleihen durch die Griechen, Senkung der Zinsen und dergleichen. Insgesamt kam man so zu einer Verringerung der Schuldenlast um 40 Milliarden Euro. Auch behielt man sich vor, sollte es die Konjunktur erfordern, zu weiteren Maßnahmen zu greifen, um den Schuldenstand bis 2020 auf die geplanten 124 Prozent des BIP zu drücken. Eine vernünftige Flickschusterei, denn es ist das Ziel, auf das es ankommt und welches das Vertrauen der Märkte wieder herstellt. Eine heilsame Flickschusterei, und die Griechen verdienen sie, haben sie doch unter großen Qualen bereits einen Teil des Wegs hinter sich gebracht.

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