Bauarbeiten an der Mine von Skouries. Griechenland , 26. Oktober 2012.

Gold um jeden Preis

Um seine Kassen zu füllen hat der griechische Staat die Schürfrechte für eine Goldlagerstätte im Norden des Landes verscherbelt. Die Anwohner würden sich zwar über die Arbeitsplätze freuen, befürchten jedoch mögliche Umweltfolgen, wenn das Bergbauprojekt umgesetzt wird.

Veröffentlicht am 7 Februar 2013 um 15:52
Bauarbeiten an der Mine von Skouries. Griechenland , 26. Oktober 2012.

„Dort, sehen Sie, dort oben wollen sie das Loch graben.“ Lazaros Toskas zeigt mit dem Finger auf den Berggipfel. Inmitten von Eichen, Buchen und Kiefern will das Bergbauunternehmen Hellas Gold den Schatz bergen, der sich tief unter dem Berg Kakavos in Skouries verbirgt.

Schon seit Jahrtausenden ist diese Region im nordgriechischen Chalkidiki wegen ihrer reichen Bodenschätze berühmt: Kupfer, Silber, Zink und vor allem Gold, dessen Wert sich in den letzten zehn Jahren vervierfacht hat. Aber da, wo manche ausgezeichnete Geschäfte und neue Arbeitsplätze wittern, befürchten andere, dass das Ökosystem vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise kurzsichtigen Projekten geopfert wird, denen sie kein Vertrauen schenken.

Toskas (54) ist Bauingenieur. Er lebt in Megali Panagía, ganz in der Nähe des geplanten Tagebaus in Skouris. Er ist einer der Anführer der Bewegung, die sich dem Projekt widersetzt und die in den letzten Monaten mehrere Protestaktionen gestartet hat. Der Ingenieur zeigt die Erdarbeiten, die bereits für die Entwässerung durchgeführt wurden: „Sie müssen den Berg entleeren, um die Galerien zu bauen.“ Unter dem 250 Meter tiefen Tagebau sollen Tunnel bis in eine Tiefe von 700 Metern führen.

„Unser Trinkwasser kommt von dem Berg“

Die Bevölkerung fürchtet allerdings um die Wasserversorgung der Region. „Im Boden gibt es viele Mineralien, darunter auch einen hohen Prozentsatz an Arsen. Wir wissen nicht, was passieren kann“, so Toskas. Die Gegner des Projekts bringen den Arsengehalt immer wieder zur Sprache. Das vom Unternehmen gewählte Abbauverfahren soll sich nicht für einen Standort mit hohen Arsenwerten eignen.

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Eduardo Moura, Vizepräsident des kanadischen Bergbaukonzerns Eldorado Gold, der Hellas Gold zu 95 Prozent hält, antwortete auf eine diesbezügliche Anfrage per E-Mail, dass das Unternehmen die griechischen Umweltschutzgesetze sowie alle einschlägigen europäischen Richtlinien streng einhalten würde. Die Erstellung, Prüfung und Genehmigung der Umweltstudie für den Tagebau in Chalkidiki hätte fünf Jahre gedauert. Das Produktionsverfahren soll Gegenstand zahlreicher Tests gewesen sein, „die beweisen, dass es unter den vorliegenden Bedingungen erfolgreich eingesetzt werden kann.“

„Ich bin weder dafür noch dagegen. Aber es wäre mir lieber, wenn die Arbeitsplätze im Rahmen anderer Projekte geschaffen würden“, meint der Eigentümer eines Juweliergeschäfts in Ierissos, einem bei Urlaubern beliebten Dorf in Chalkidiki, das die Gegner des Projekts zu ihrem Hauptquartier erkoren haben. Der Juwelier spricht den Dorfbewohnern aus dem Herzen. Auch diejenigen, die nicht an den Protestkundgebungen teilgenommen haben, sind seiner Meinung. „Unser Trinkwasser kommt von diesem Berg. Was sollen wir trinken, wenn es verschmutzt ist?“.

Der Fremdenverkehr steht ebenfalls auf dem Spiel. „Glauben Sie, dass noch jemand zu uns kommt, wenn es ein paar Kilometer von hier einen Tagebau gibt?“. Nur die Frage der neuen Arbeitsplätze teilt die Befürworter von den Gegnern der Goldmine. Das Unternehmen beschäftigt bereits 1.100 Mitarbeiter. „Künftig sollen hier insgesamt 5.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze entstehen“, erklärt Eduardo Moura.

Der Staat hat kein Geschäft gemacht

Viele sind jedoch davon überzeugt, dass die Vorteile des Projekts die Nachteile nicht aufwiegen, und schenken den offiziellen Informationen keinen Glauben. Sie erklären ihren Argwohn mit der Tatsache, dass der Staat die Schürfrechte für diese Lagerstätte in einer Region, deren Bodenschätze auf 20 Milliarden Euro geschätzt werden, viel zu billig verkauft hat. Im Dezember 2003 übernahm der griechische Staat im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleichs mit TVX Hellas die Kontrolle über die Lagerstätte. Die ehemalige Eigentümerin hatte das Projekt wegen des Protestes der Anwohner aufgegeben.

Der Staat kaufte die Lagerstätte für 11 Millionen Euro und verkaufte sie Hellas Gold, die drei Tage zuvor gegründet worden war, noch am selben Tag zum selben Preis. Kurz danach erwarb die kanadische European Goldfields 95 Prozent des Kapitals von Hellas Gold. Bei einer Buchprüfung wurde der Marktwert des Unternehmens auf ca. 400 Millionen Euro geschätzt. 2012 trennte sich European Goldfields von ihrem Anteil, der von Eldorado übernommen wurde.

Das Unternehmen verteidigt sein Projekt und betont, dass es „über alle nötigen Umweltgenehmigungen“ verfüge. Aber die Gegner des Tagebaus haben beim obersten Verwaltungsgericht Einspruch erhoben und warten nun auf einen endgültigen Bescheid.

„Im griechischen Bürgerkrieg haben hier zwischen 1947 und 1949 bedeutende Schlachten stattgefunden“, erzählt der arbeitslose Yorgos Tarazas, der zu den vehementen Gegnern des Projekts gehört. Auch jetzt hätten manche Protestkundgebungen zu gewalttätigen Zusammenstößen mit der Polizei geführt. So sei die Polizei im letzten Sommer ins Zentrum von Ierissos vorgedrungen und habe die Demonstranten dort mit Tränengas angegriffen. „Viele von uns kannten diese Einsatzeinheiten nur aus dem Fernsehen“, meint Tarazas.

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