Report EU-Syrien

Lieber irren, als gar nichts tun

Weil sich die 27 auf keine gemeinsame Position im Syrien-Konflikt einigen konnten, läuft das Waffenembargo gegen die syrischen Rebellen am 1. Juni automatisch aus. Die EU sollte endlich geschlossen handeln und sich einmischen, meint die TAZ.

Published on 28 May 2013 at 15:35

Man kann Briten und Franzosen durchaus vorwerfen, dass sie schnell militärische Lösungen zur Hand haben, wenn es irgendwo bewaffnete Konflikte gibt. Man muss ihnen aber auch zugutehalten, dass sie bereit sind, eine Entscheidung zu treffen, wenn sie Kriegsverbrechen wie in Syrien nicht länger tatenlos zuschauen wollen. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle dagegen mahnt, warnt und sorgt sich ohne Unterlass.

Aber so unterschiedlich die Positionen in Europa sind in der Frage, ob man die syrischen Rebellen bewaffnen sollte, so nahe ist man sich in einem anderen Punkt: Europa steht nicht mehr so klar auf der Seite der Aufständischen wie zu Beginn. Die europäischen Außenminister sind mit zwei Wendepunkten im Syrienkonflikt konfrontiert. Der direkten Einmischung der libanesischen Hisbollah in den Konflikt – sie könnte den Bürgerkrieg in einen Flächenbrand verwandeln. Und der zunehmenden Dominanz dschihadistischer und islamistischer Gruppen auf der Seite der Rebellen.

Immer mulmiger wird dem Westen bei dem Gedanken, dass die Kämpfer mit den schwarzen Fahnen und langen Bärten das Ruder übernehmen, wenn das Assad-Regime fällt. Die Zweifel wachsen, dass die derzeit tonangebenden Gruppen in Syriens Widerstand tatsächlich etwas planen, das mit Demokratie und der Achtung vor Minderheiten zu tun hat. Nur vor diesem Hintergrund ist zu verstehen, warum sie auf eine internationale Syrien-Konferenz drängen. Die Strategie des Westens im Fall Syrien lautete von Anfang an, dass man sich raushalten wollte. Das schien vernünftig, war man doch sicher, dass die Tage von Assad ohnehin gezählt sind.

Inzwischen ist Europäern wie Amerikanern klar geworden, dass Assad durchaus noch Unterstützer hat: die Alawiten, zu denen er selbst zählt; die christliche Minderheit, die den Sunniten nicht traut; sowie Anhänger und Profiteure des Systems und der regierenden Baath-Partei. Alles in allem machen die Unterstützer des Regimes rund ein Drittel der Bevölkerung aus.

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Sich herauszuhalten ist dennoch keine Option für die Europäer. Die Zurückhaltung hat bisher nur dem Assad-Regime genützt. Es ist eine Illusion, zu glauben, dass man sich nicht schuldig macht, wenn man nichts tut. Für den Tod der über 70.000 Menschen in den vergangenen zwei Jahren werden die Syrer auch den Westen anklagen.

Diplomatie

Wir sollten der Friedenskonferenz vertrauen

„Wir sollten der Friedenskonferenz in Genf eine echte Chance geben“, fordert die schwedische Tageszeitung Sydsvenskan. Für „die Idee einer Syrien-Friedenskonferenz“ kann sich das Blatt „wesentlich mehr begeistern als für die Waffenlieferung“ zugunsten syrischer Rebellen.

Für die Tageszeitung aus Malmö

hat der Krieg in Syrien laut den Vereinten Nationen bereits über 800.000 Menschenopfer gefordert. Und die Flüchtlingszahlen gehen in die Millionen. Nichts deutet darauf hin, dass dem Konflikt in Zukunft weniger Menschen zum Opfer fallen. Insbesondere wenn wir noch mehr Waffen beisteuern. [...] Niemand kann sicherstellen, dass hochentwickelte Waffensysteme nicht irgendwann in die Hände militanter Dschihadisten geraten, die Beziehungen zum Terrornetzwerk Al Qaida oder einer anderen gefährlichen Organisation unterhalten. Zumal es in Syrien und der Umgebung nur so von ihnen wimmelt.
[...] US-Außenminister John Kerry und sein russischer Kollege Sergej Lawrow versprechen sich viel von der Friedenskonferenz, die im Juni in Genf stattfinden soll. Das syrische Regime stellte seine Konferenzteilnahme „prinzipiell“ in Aussicht. Gewiss ist die Lage keinesfalls ideal, aber es lohnt sich zumindest, die Konferenz zu unterstützen. Schließlich ist es an der Zeit, endlich die diplomatischen Beziehungen auszuschöpfen und eine politische Lösung anzustreben.

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