Nun auch europäischer Rechtsschutz bitte. Julian Assange auf der Interpol-Seite der meistgesuchten Personen.

Assange, Versuchskaninchen der EU-Justiz

Die von Schweden geforderte Verhaftung des Wikileaks-Gründers in London zeugt von den neu geschaffenen EU-Regelungen. Nun bleibt noch, den Schutz der Bürger zu verbessern.

Veröffentlicht am 9 Dezember 2010 um 12:13
Nun auch europäischer Rechtsschutz bitte. Julian Assange auf der Interpol-Seite der meistgesuchten Personen.

Im Fall von Julian Assange soll das neue europäische und sehr effiziente Instrument zur Kriminalitätsbekämpfung - der europäische Haftbefehl - zum Einsatz kommen. Der Wikileaks-Gründer, gegen den in Schweden wegen des Verdachts der Vergewaltigung ermittelt wird, war am 7. Dezember in Großbritannien verhaftet worden. Seine von der schwedischen Justiz geforderte Auslieferung nach Stockholm scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein.

Es ist für Privatpersonen schwer geworden, sich der Justiz zu entziehen. Viele begrüßen sogar, dass sich die Europäische Union stärker um die Kriminalitätsbekämpfung bemühen will. Aber dabei handelt es sich um ein Missverständnis.

Als die Grenzkontrollen in Europa abgeschafft wurden, hat sich die Reisefreiheit für alle ausgeweitet, auch für Straftäter. Der verstärkte Kampf gegen Kriminalität ist in erster Linie eine logische Konsequenz aus der europäischen Integration und keine neue Zielsetzung. Dennoch ist dieser Kampf unerlässlich. Die Zusammenarbeit muss ausgeweitet werden, vor allem um den Frauen- und Kinderhandel zu stoppen.

Aber man sollte nicht vergessen, dass es sich hier um die wohl unmittelbarste Machtausübung handelt. Deshalb müssen die Bürger auch von ihren Rechten Gebrauch machen können. Aber genau in diesem Punkt muss noch viel getan werden. Der europäische Haftbefehl soll beispielsweise die Auslieferung eines Verdächtigen zwischen zwei Mitgliedsstaaten der Union vereinfachen. Allerdings werden die Rechte der Person in keinem Wort erwähnt.

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Das neue Instrument stützt sich auf das Vertrauen der europäischen Länder in das Justizsystem ihrer Nachbarstaaten. Der Gesetzesentwurf zur „doppelten Strafbarkeit“, nach dem ein Delikt sowohl im Auslieferungsland als auch in dem Land, in welches der Verdächtige überführt wird, bestraft werden kann, wurde aber zurückgezogen.

Was noch fehlt, sind Regeln im Bereich des Personenrechts. Denn es gilt, nicht nur das Recht zu interpretieren, sondern auch Rechtsbeistand zu gewährleisten. Julian Assange mangelt es sicher nicht an juristischer Unterstützung. Aber es sollte allen Bürgern garantiert sein, in einer Europäischen Union, die bei der Kriminalitätsbekämpfung immer enger zusammenwächst, verteidigt werden zu können. (mz)

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