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Was den Griechen spanisch vorkommt

Ende für das letzte Raucherparadies in Europa. In Griechenland tritt diesen Mittwoch, 1. Juli, das Rauchverbot in Kraft. Seine Umsetzung allerdings lässt sich chaotisch an: Das Gesundheitsministerium hat keinen Erlass über die Umsetzungsbedingungen der neuen Regelung veröffentlicht. Bis 2012 soll Rauchen überall in der EU verboten sein.

Veröffentlicht am 1 Juli 2009 um 16:47
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Seit dem heutigen Tag gilt das offizielle Rauchverbotsgesetz. Griechenland zählt mit einem Anteil von 42 Prozent die meisten Raucher in ganz Europa. Erschwerend kommt hinzu, dass, aufgrund falscher Informationen, nur eine Minderheit der griechischen Bevölkerung wirklich an die Umsetzung dieses Gesetzes glaubt. Bürgermeister und Restaurant- oder Kneipenbesitzer scheinen ihm den Kampf angesagt zu haben, da für sie – aus gutem Grund – gar nichts klar ist: das Gesundheitsministerium hat keine einzige Verordnung erlassen, die die Orte und Anwendungsbedingungen des Gesetzes genauer bestimmt.

Dieser erste Tag der Anti-Tabak-Maßnahmen lässt sich daher eher chaotisch an. Die Gewerbetreibenden - Händler und Geschäftsführer von Einrichtungen mit einer Fläche von unter 70 m², haben erst am vergangenen Montag die ersten Sigel erhalten, die sie darüber in Kenntnis setzen, dass ihre Räumlichkeiten ausschließlich für Raucher ausgewiesen werden können. Noch dazu hatten nur einige Rathäuser des Landes diese Ehre. "Die Mehrheit der Lebensmittelgeschäfte und der Getränkeläden hat um die Genehmigung gebeten, Rauchen bei ihnen zu erlauben, aber nicht ein einziges Rundschreiben hat uns seitdem erreicht. Wir wussten nicht einmal, dass die Sigel angekommen sind", vertraut uns der Bürgermeister der Insel Paros, Christos Vlahogiannis, an. Der Bürgermeister von Glyfada am Meeresstadtrand von Athen weist darauf hin, dass "von 4000 Geschäften nur sehr wenige die Genehmigung als Raucherzone beantragt haben. Vielleicht warten sie aber auch auf ein neue Frist, bis das Gesetz in Kraft tritt. Ich bin der Meinung, dass es hier und da doch Ausnahmeregelungen geben wird."

De facto lässt das Fehlen des Rundschreibens und der notwendigen Informationen über das Gesetz die meisten Gewerbetreibenden im Ungewissen. Von Seiten des Gesundheitsministeriums wurde die Verbreitung eines Rundschreibens verschoben… auf den Sankt-Nimmerleins-Tag! So lässt man sich jetzt Zeit. Spiros Tsagaratos führt eine "bouzoukia" [große Einrichtung, in der man den bekanntesten Sängern lauschen kann, während man speist oder alkoholische Getränke genießt], einer der Orte, für die Raucher eine besondere Vorliebe haben. "Wenn wir nicht abschätzen können, was kommt, so können wir auch nicht Bescheid wissen", betont Spiros, für den das Rauchverbot ein Zeichen der gewaltigen Wirtschaftskrise ist. Wenn man einen Raum für Raucher haben möchte, so sieht das europäische Gesetz die Installation eines abgetrennten und isolierten Bereiches vor, der undurchlässig, belüftet und mindestens zwei Meter hoch sein muss, wenn die Decke der Einrichtung zwölf Meter hoch ist. Skeptisch fragt Spiros sich, über welche Sicherheitsmaßnahmen man sich hinwegsetzen muss, um über einen Raucherraum zu verfügen.

Zusätzlich stellen Experten die Wirksamkeit der Umsetzung infrage, so beispielsweise der Physikprofessor der Athener Universität, Manthos Santamouris: "Die Abtrennung von zwei Metern ist vielleicht eine gute Maßnahme, aber wer weiß schon, wie man diese Art von Abtrennung herstellt? Selbst wenn man qualifizierte Personen findet, wer kann uns schon garantieren, dass ihre Arbeit auch wirklich gut ist? Wer besitzt schon ein solches Know-how? Der die Kontrollen durchführende Polizist oder Beamte wird eine Abtrennung von zwei Metern und eine Belüftung vorfinden, doch niemand wird überprüfen, ob die technischen Bedingungen auch wirklich erfüllt werden." Dies scheint ein wichtiger Punkt zu sein, vor allem dann, wenn man bedenkt, dass in Griechenland nur etwa zwei bis drei Betriebe diese Art von Abtrennungen herstellen. Die bevorstehende Aufgabe scheint schwierig.

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TABAK

Auf dem Weg zu einem gesamteuropäischen Verbot

Am 30. Juni hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, bis 2012 das Rauchen an allen öffentlichen Orten aller EU-Mitgliedsstaaten zu verbieten. "Gegenwärtig haben nur zehn Länder ihre drastischen Regeln in die Tat umgesetzt", betont Gazeta Wyborcza. "Irland und Großbritannien haben die Raucher aus öffentlichen Gebäuden und von den Arbeitsplätzen ausgeschlossen, während Italien, Frankreich und die Niederlande die Zigarette in dafür eigens bestimmten Bereichen noch erlauben."

Wie es [De Standaard](http://www.standaard.be/Artikel/Detail.aspx?artikelId=RF) bemerkt, bereitet Belgien das Inkrafttreten seines zweiten Rauchverbotsgesetzes für Januar 2010 vor. Es handelt sich ein viel kritisierten, da wenig klaren Text. Auch gelten Kasinos und Cafés, die keine "Nahrung anbieten, die in weniger als drei Monaten ohne besondere Behandlung verderben würde", noch immer als Ausnahme. Kneipen, die Chips oder Erdnüsse in der Tüte verkaufen, können also weiterhin Raucher zu ihren Besuchern zählen. Für einige Belgier wird es nun höchste Zeit, dass Europa zu dieser Frage ein einheitliches Gesetz erlässt.

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