Im gewöhnlichen Alltag ist Wasserstoff kein Thema, doch auf den Watteninseln ist er zum Gesprächsstoff geworden. Denn hier wird dem Erdgas Wasserstoff, ein Gas, das kein Kohlendioxyd freisetzt, beigemengt. Je mehr man davon beimischt, umso geringer ist der Ausstoß von Treibhausgasen. Laut Albert van der Meer, dem Leiter des Projekts, gibt es bereits zahlreiche wissenschaftliche Studien zum diesem Gemisch, doch wurden bis jetzt noch keine konkreten Versuche durchgeführt.
Van der Meer, der für den Energiekonzern Eneco arbeitet, öffnet die Tür zu einem der grünen Wasserstoffcontainer. "Der Wasserstoff wird umweltfreundlich produziert. Den notwendigen Strom liefert eine Solaranlage. Wir arbeiten seit 2007 und sind bereits bei einem Wasserstoffzusatz von 15 Prozent angelangt. Eigentlich könnten wir problemlos 20 Prozent erreichen."
Die Testanlage auf der Insel Ameland besteht aus den Gasherden und -heizungen der vierzehn Häuser, die den grünen Containern gegenüber liegen. Diese kleine Siedlung wurde vom Erdgasnetz abgekoppelt und wird nun über speziell verlegte Rohre von den grünen Containern versorgt.
Wim van Hijum trinkt einen Kaffee in seinem sonnigen Garten. Er ist einer der Bewohner, die an diesem Experiment teilnehmen. "Man muss mit der Zeit gehen, stimmt’s? Sie kommen regelmäßig alles kontrollieren, aber ich hab’ keine Probleme." Drinnen zeigt er uns seinen Gasherd. "Kein Unterschied, nicht?" An der Küchenwand hängt ein kleiner Zähler, der auch prüft, dass kein unerwünschtes Gas in die Wohnung strömt. "Als wir einmal Wein in ein Gericht gegossen haben, fing der Apparat gewaltig an zu pfeifen. Er reagierte auf den Alkohol." Laut Saskia Streekska, Sprecherin der Eneco, liegt das am Methanol im Alkohol. "Der Apparat ist da sehr empfindlich."
Im Laufe des Gesprächs macht van Hijum noch eine erstaunliche Bemerkung. "Mit dem Gemisch aus Erdgas und Wasserstoff kocht man schneller. Eier oder Kartoffeln sind Minuten schneller fertig. Das funktioniert ein bisschen wie ein Schnellkochtopf."
Ein Projekt passend zur Inselmentalität
Das Experiment von Eneco und dem Gasunternehmen Gasterra gehört zum Vorhaben, in Ameland bis 2020 eine Selbstversorgung für Wasser und Energie zu erreichen. Kürzlich wurden fünf Hochleistungskessel in das Gemeindezentrum eingebaut. Jeder ist mit einem kleinen Motor ausgestattet, der Restwärme in Strom umwandelt. Bis zum Ende dieses Jahres wird die Eneco 25 Miet- und 75 Eigentumswohnungen auf Ameland mit diesem Heizkessel ausstatten. Weiterhin wird darüber nachgedacht, eine Biogasanlage zu bauen, in der man Mist und andere Abfälle verwerten könnte, um das gewonnene Gas in das Erdgasnetz einzuspeisen.
Bis 2020 eine völlige Nachhaltigkeit zu erreichen, danach streben alle Watteninseln. Doch hat Ameland einen Vorsprung, sagt Sicco Boorsma, Verantwortlicher des Projekts 'Nachhaltige Watteninseln'. Ameland arbeitet schon seit langem mit den großen Gasunternehmen zusammen, da rund um die Insel Erdgas gefördert wird.
Von Anfang an wurde die Bevölkerung in die Experimente und Projekte miteinbezogen. "Das war eine unserer Bedingungen", erklärt Nico Oud, stellvertretender Bürgermeister und Umweltbeauftragter. "Wir diskutieren eifrig, beispielsweise, was die Windkraftanlagen betrifft. Die Menschen fürchten eine verschandelte Aussicht und die daraus resultierenden Folgen für den Tourismus. Wir suchen also eher kleine Windräder, auch wenn die weniger Leistung bringen. Bei den Solarpanelen ist es genauso: Wir können die nicht überall aufstellen, denn oft handelt es sich um Naturschutzgebiete. Unternehmer und Einzelhändler machen ebenfalls mit: Hotels mit Wärmepumpen und LED-Lampen, Schwimmbäder, wo das warme Wasser zur Stromerzeugung dient. Das ist alles hochinteressant mitanzusehen."
Der Projektleiter der Watteninseln, Sicco Boorsma, hat dieselbe Begeisterung auch auf den anderen Inseln festgestellt. "Das Konzept passt zu den Inselbewohnern, die gerne alles selbst machen wollen. Das Wattenmeer bietet einfach die Möglichkeit, nachhaltige Energie zu produzieren. Es gibt hier mehr Sonne und Wind als in den anderen Landesteilen. Wir können auch von den Meeresströmen oder der Wellenenergie profitieren."