Álvaro de Soto, der ehemalige UNO-Sonderberater für Zypern, verglich die Insel einmal mit einem „Koffer mit vier Schlössern, deren Schlüssel alle gleichzeitig gedreht werden müssen.“ Der Zypern-Konflikt (seit 1974, der älteste Europas) geht mit großen Schritten seiner Lösung zu. Griechenland, die Türkei und die Türkische Republik Nordzypern (TRNZ) haben sich geeinigt, dass die Wiedervereinigung bis Oktober ausgehandelt werden soll. Unklar bleiben die Haltung der Republik Zypern und die Interessen der Europäischen Union.
Die türkischen Zyprer sind weiterhin überzeugt, dass die EU die Frage der Wiedervereinigung als Vorwand benutzt, um die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu blockieren. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoğlu und Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan haben gedroht, die Beziehungen zur gesamten EU einzufrieren, sollte im Juli 2012 eine geteilte Insel die Ratspräsidentschaft der Union übernehmen. Die Türkei könne es nicht hinnehmen, dass das Zypern-Problem weiterhin ein Hindernis bei den Verhandlungen mit der Union sei. „Es gibt keinen Grund und keine völkerrechtliche Rechtfertigung, den Norden außen vor zu lassen“, schimpfte Davutoğlu.
Der Zypern-Konflikt ist komplex wie der israelisch-palästinensische. Seit 37 Jahren sind die beiden Teile der Insel streng getrennt und werden jeweils von griechischen und türkischen Truppen geschützt. Zwischen den Fronten: UNO-Soldaten. Dazu zwei souveräne britische Militärstützpunkte. Obwohl weder Griechenland noch die Türkei sich einer Wiedervereinigung entgegenstellen, und obwohl die UNO drohte ihre Truppen abzuziehen, deren Unterhaltskosten sich auf jährlich 57 Millionen Dollar (40 Millionen Euro) belaufen, stecken die Verhandlungen in einer Sackgasse.
Die Zeit arbeitet gegen die Wiedervereinigung
Als 2004 die Insel vereint der EU hätte beitreten können, wurde die Wiedervereinigung von den griechischen Zyprern per Volksentscheid abgelehnt. Trotz aller Versprechen der EU unterliegt der türkische Teil immer noch diversen Embargos und kein Flugzeug kann dort landen, außer es kommt aus der Türkei. Die Wirtschaft dieses Teils der Insel wird von der Türkei am Leben gehalten (290 Millionen Euro pro Jahr).
Die beiden Teile haben sich nicht über die Regierungsform einigen können (die Resolution der Vereinten Nationen sieht einen „bikommunalen und bizonalen Bundesstaat“ vor, die türkische Volksgruppe verlangt eine „Konföderation zweier Staaten“), ebenso wenig wie über die territoriale Aufteilung, und über die Frage der Eigentumsrückgabe für Flüchtlinge beider Seiten nach der Militärintervention von 1974.
Jedes Abkommen muss durch ein Referendum auf beiden Seiten bestätigt werden, und die griechischen Zyprer scheinen immer weniger gewillt, einer Wiedervereinigung zuzustimmen. Es gibt immer mehr junge Leute, die keine Nostalgie nach einem Besitz haben, den sie durch die Teilung der Insel verloren hätten. So arbeitet die Zeit gegen die Wiedervereinigung.
Gibt es einen „Plan B“?
Nach der türkischen Militärintervention von 1974 (die das griechische Militärregime hindern sollte, die Insel zu annektieren) und nach den Massakern auf beiden Seiten, wurde die Insel durch eine Mauer geteilt, die selbst durch die Hauptstadt Nikosia (türkisch: Lefkoşa) führt. Danach wurden nach einer UNO-Resolution die Bevölkerungen deplatziert. Die türkischen Zyprer aus dem Süden der Insel wurden gezwungen, ihre Häuser zu verlassen und in den Nordteil der Insel zu ziehen. Die griechischen Zyprer des Nordens mussten in den Süden ziehen. Die Frage der Zwangsenteignungen bleibt weiterhin eines der größten Hindernisse auf dem Weg zur Wiedervereinigung.
Gibt es einen „Plan B“? Höchstwahrscheinlich die Anerkennung als Staat durch die Vereinten Nationen. „Wir wollen von der internationalen Gemeinschaft anerkannt werden. Sollten die griechischen Zyprer unnachgiebig bleiben, werden wir Schritte in diese Richtung unternehmen“, erklärt Hüseyin Özgürgün, der Außenminister der Türkischen Republik Nordzypern, der zugibt, bereits Unterhändler nach Schweden, Norwegen und Brüssel entsandt zu haben.
Die Wiedervereinigung der Insel als Föderation sei die beste Lösung für Zypern, erklärte gegenüber Adevărul Markos Kyprianou, Außenminister der Republik Zypern. „Der direkte Handel mit dem Norden ist illegal, denn er stellt eine Verletzung des EU-Besitzstandes dar. Wir können innerhalb der EU keine Entscheidungen über Zypern treffen, ohne eine Zustimmung beider Seiten. Ich glaube nicht, dass die Mitgliedsstaaten bereit sind, hier einen Präzedenzfall innerhalb des EU-Raums zu schaffen.“ (js)