Ein Kraftwerk für fossile Brennstoffe in Helsinki. Die Emissionen von Treibhausgasen in der finnischen Hauptstadt ist doppelt so hoch wie in anderen Städten im Norden. Foto: Melancholic Optimist/Flickr

100 Milliarden zur Rettung des Planeten

Weniger als drei Monate vor der Klimakonferenz in Kopenhagen (COP 15) will Europa die Führungsrolle im Kampf gegen die Klimaerwärmung übernehmen. In einem Dokument, das am 10. September dem Rat der Europäischen Union vorgelegt werden soll, wird die Finanzierung der von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen beziffert.

Veröffentlicht am 9 September 2009 um 15:40
Ein Kraftwerk für fossile Brennstoffe in Helsinki. Die Emissionen von Treibhausgasen in der finnischen Hauptstadt ist doppelt so hoch wie in anderen Städten im Norden. Foto: Melancholic Optimist/Flickr

Drei Monate vor der Klimakonferenz in Kopenhagen (COP 15) geht es in den Kern der Sache: Europa beansprucht für sich die Führungsrolle beim Kampf gegen den Klimawandel. Aus den USA Obamas kommen versöhnliche Töne, undenkbar zu Zeiten von Bush. Die Entschlossenheit der aufstrebenden Schwellenländer wankt noch. Am Samstag dem 5. September, bei der G20-Finanzministerkonferenz, haben Asiens Tigerstaaten, allen voran Indien und China, klare Zusagen abgelehnt. Brüssel will mit gutem Beispiel vorangehen und geht beharrlich den eingeschlagenen Weg weiter. Mit einem "Fahrplan" und vor allem mit Finanzplan für das Klimapaket.

Die Berechnungen gehören zu einem 33-seitigen, noch vertraulichen Dokument, das die Europäische Kommission am 10. September, also vor der Debatte im Europäischen Rat, vorstellen möchte. Nach dem Übereinkommen beim G8-Gipfel in L’Aquila, die globale Klimaerwärmung bis 2020 auf 2,5°C zu begrenzen, meint die Kommission, "dass es an der Zeit ist, aus der Sackgasse herauszukommen, indem man einen Finanzplan für die Klimaschutzmaßnahmen präsentiert, um somit die Erfolgschancen beim Treffen im Dezember zu optimieren". Derzeit, so wird angemerkt, "gehen die Verhandlungen im Schneckentempo voran". Was der EU, die sich als Vorreiter in Sachen Umweltschutz für unseren gebeutelten Planeten versteht, gar nicht recht ist.

Privatkapital soll unterstützen

Die Experten der Kommission schlagen eine Schritt-für-Schritt Vorgehensweise vor, mit einer Gesamtausgabe von 100 Milliarden Euro bis 2020. Es handelt sich dabei, präzisiert man, "um einen Kapitalstrom und nicht um direkte Zahlungen aus den öffentlichen Haushalten". Die Idee dabei ist, die Gelder aus drei Quellen zu beziehen: Zahlungen der Mitgliedsstaaten, sowohl aus öffentlichen Geldern als auch Privatkapital; eine Finanzierung durch den CO2-Emmissionshandel und aus den Kapitalströmen der weltweiten, öffentlichen Finanzen. Privatinvestitionen nehmen in der Strategie der Kommission eine Schlüsselstellung ein, da sie auf Dauer Gewinn versprechen.

Das Beste vom europäischen Journalismus jeden Donnerstag in Ihrem Posteingang!

Der Klimawandel verlangt ebenso nach einem weltweiten und soliden Programm zur Erneuerung der Infrastrukturen — in den reichen Ländern und erst recht in den Entwicklungsländern.Die Möglichkeit der Mitgliedsstaaten, Investitionen zur Bekämpfung des Klimawandels in Teilen der Erde, die diese dringendst brauchen, von ihren Emissionszahlungen abziehen zu können, wird von Brüssel als ein zusätzlicher Anreiz betrachtet.

Zwei Kriterien zur Berechnung der Beitragszahlungen

Der CO2-Emissionshandel ist ein weiterer wichtiger Punkt: Die Kommission sieht in der Tat vor, das die Agenda 2020 zumindest teilweise aus dem Emissionshandel finanziert wird. Mit einer 30-prozentigen Verringerung der Emissionen (wozu Europa bereit ist, sollten die anderen Länder eine Quote von 20 Prozent akzeptieren) würde der CO2-Handel pro Jahr ca. 38 Milliarden Euro generieren, schätzt Brüssel. Wer aber wie viel aus eigener Tasche bezahlen wird, weiß heute niemand, vor allem in Krisenzeiten. Für den Rat gibt es aber schon zwei mögliche Kriterien: Einen Beitrag, der sich an der produzierten Menge an Treibhausgasen orientiert (Emissions-Index), oder einen Beitrag, der sich auf die Zahlungsfähigkeit der einzelnen Länder stützt (BIP-Index). Man hat die Qual der Wahl, doch deutet alles darauf hin, dass es einen Mix aus beiden geben wird und dies mit Blick auf die erste Zwischenbilanz in 2013, dem Jahr, in dem das Kopenhagener Abkommen in Kraft treten soll.

Für das Jahr 2011-2012 gehen die Berechnungen bei den Ausgaben zur Verringerung der Treibhausgas-Emissionen und den strukturellen Investitionen von Gesamtausgaben in Höhe von vier bis sieben Milliarden Euro aus. Im Jahr darauf sollen es dann schon zehn Milliarden Euro sein. Der europäische Beitragsanteil läge somit bei 1,1 Milliarden beim Emissions-Index und der BIP-Index bei 3,26 Milliarden. "Extremwerte" vertraute man uns aus sicherer Quelle an. Man werde sich wahrscheinlich auf einen Mittelwert einigen. Bleibt herauszufinden, ob es den Willen gibt, Opfer für die Zukunft zu bringen. Alles andere, auch die Euro-Milliarden, sind nur ein relatives Problem, wenn uns den alle dafür entscheiden, endlich zu handeln.

Tags
Interessiert an diesem Artikel? Wir sind sehr erfreut! Es ist frei zugänglich, weil wir glauben, dass das Recht auf freie und unabhängige Information für die Demokratie unentbehrlich ist. Allerdings gibt es für dieses Recht keine Garantie für die Ewigkeit. Und Unabhängigkeit hat ihren Preis. Wir brauchen Ihre Unterstützung, um weiterhin unabhängige und mehrsprachige Nachrichten für alle Europäer veröffentlichen zu können. Entdecken Sie unsere drei Abonnementangebote und ihre exklusiven Vorteile und werden Sie noch heute Mitglied unserer Gemeinschaft!

Sie sind ein Medienunternehmen, eine firma oder eine Organisation ... Endecken Sie unsere maßgeschneiderten Redaktions- und Übersetzungsdienste.

Unterstützen Sie den unabhängigen europäischen Journalismus

Die europäische Demokratie braucht unabhängige Medien. Voxeurop braucht Sie. Treten Sie unserer Gemeinschaft bei!

Zum gleichen Thema