Um diese Woche zu wissen, wie es um den Euro bestellt war, musste man die Feinheiten der slowakischen Politik verstehen.

Am 11. Oktober hat das Parlament von Bratislava die Erweiterung des Eurorettungsfonds (EFSF) abgelehnt, weil sich die sozialdemokratische Opposition (SMER-Partei) enthalten hat. Damit ließen sie die Liberalen der SaS-Partei die Koalitionsregierung von Iveta Radičová zu Fall bringen, zu der sie allerdings selbst gehörten. Am 13. Oktober hat dasselbe Parlament dank der Stimmen der SMER die Erweiterung des Rettungsfonds abgesegnet. Die SMER hatte im Gegenzug zu vorgezogenen Wahlen dem Rettungsfonds zugestimmt.

Während dieser Debatten und Verhandlungen haben die slowakischen Politiker ihre Unfähigkeit gezeigt, zu verstehen, dass das wahre Interesse ihres Landes in einem europäischen Kontext liegt. Sie haben den Kleingeist eines kleinen Landes unter Beweis gestellt, das als einzigen Weg, um auf der europäischen Bühne mitzuspielen, die Instrumentalisierung legitimer Fragen findet und dadurch die Relevanz der Rettungsmechanismen der Euro-Zone in den Dienst der Interessen der Politiker gestellt.

Auch wenn alle Staatschefs der EU das slowakische Parlament dazu aufgefordert haben, dem Rettungsschirm erneut zuzustimmen, kann man Brüssel nicht vorwerfen, auf antidemokratische Weise gehandelt zu haben, als es einem nationalen Parlament seinen Willen aufzwingen wollte. So war es zum Beispiel der Fall bei Irland, das 2009 ein zweites Referendum zum Vertrag von Lissabon organisieren musste. Doch Brüssel hat eine wichtige Rolle gespielt. Denn die Zweite Abstimmung vom 13. Oktober hat Robert Fico, dem Chef der SMER, die Türen geöffnet. Dieser war von 2006 bis 2010 Ministerpräsident und stellte sich unter Beweis, indem er sich mit den rechtsextremen SNS von Ján Slota und den Populisten von Vladimír Mečiar verbündete. In seiner Amtszeit wurde die Slowakei nationalistischer, kapselte sich ab, hat die ethnischen Spannungen in der Region angefacht und es vorgezogen, seine Verbindung zu Russland und Serbien zu stärken, anstelle sich der EU anzunähern. Falls Robert Fico die Wahlen im kommenden März gewinnen sollte, hätte die EU paradoxer und ungewollter Weise zur Abwendung der Demokratie in der Slowakei in den nächsten Jahren beigetragen.

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Doch am meisten Verantwortung für die derzeitige Situation trägt Richard Sulík und seine Partei, die SaS, die sich bei der ersten Abstimmung gegen den Rettungsfonds ausgesprochen hat. Der Parlamentsvorsitzende und Chef der Jungen Liberalen sorgt sich um die Zukunft seiner Kinder, die bis auf unvorhersehbare Weise von Schulden belastet wäre, wenn die Slowakei für Griechenland zahlen müsste. Dies ist ein legitimes Argument im ärmsten Land der Eurozone, das den wirtschaftlichen Wandel nach dem Fall des Kommunismus bewältigen musste. Doch indem er so handelt, hat er wahrscheinlich nicht verstanden, dass die Wirtschaft seines Landes heutzutage eng mit der europäischen Wirtschaft verbunden ist. Außerdem lässt er außer Acht, dass die Slowakei ein größeres Risiko eingeht, wenn es hinter dem Tatra-Gebirge versteckt als egoistischer Alleingänger agiert.

Die Abstimmung über den Rettungsfonds hatte den Fall der Regierung von Iveta Radičová zur Folge, einer Politikerin, die verstanden hatte, wie wichtig es ist, zur Euro-Zone zu gehören und solidarisch zu handeln. Leider war sie nicht durchsetzungsfähig genug, um ihre Partner zu überzeugen. Zu guter Letzt hat die Slowakei dem Rettungsfonds zugestimmt, dabei aber viel verloren. Die Abstimmung ist ein Misserfolg für die Radičová-Regierung, aber auch für die gesamte Slowakei. (sd)

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