Ein Boomerang made in EU

Veröffentlicht am 9 März 2012 um 14:07

Eines kann man der Europäischen Union nicht vorwerfen: Sie strengt sich an, um über ihre Initiativen und Aktionen zu kommunizieren. Diese Woche wollte die EU-Kommission einen Coup landen und stellte ein Video ins Netz The more, the stronger, mit welchem jungen Menschen die Vorteile der EU-Erweiterung nahegebracht werden sollten.

Im Video ist eine junge, weißhäutige Frau zu sehen, die an Uma Thurman in Kill Bill erinnert, und die von drei Männern, offensichtlich aus Fernost, Südamerika und Indien, angegriffen wird. Plötzlich vervielfacht sich die Frau und mit ihren 11 geklonten Mitstreiterinnen kreist sie die Angreifer ein. Dann verwandeln sich die Frauen in die zwölf Sterne der Europaflagge. Zum Abchluss wird der Slogan The more we are, the stronger we are eingeblendet.

Aber leider kann man nicht unbedingt vorausplanen, wie die Botschaft beim Publikum im Internet ankommen wird: Der Clip war nur ein paar Stunden im Netz und schon hagelte es heftige Kritik von Nutzern und von der Presse. Nach den Rassismus-Vorwürfen, wurde das Video von der Generaldirektion Erweiterung, die ihren Fehler eingestand, wieder zurückgezogen.

Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung, sagt man. Doch sowohl von der Form wie vom Inhalt macht dieses Video nachdenklich.

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In der Form unterstreicht die Affäre die Schwierigkeiten der EU, mit den Bürgern, jener halben Milliarde Menschen zu kommunizieren, die nicht dieselbe Sprache sprechen, im buchstäblichen wie im bildlichen Sinne. Und die zudem oft auch eine schlechtes Image von der EU haben — laut jüngsten Eurobarometer haben 31 Prozent der Europäer ein positives Image von der EU, während 26 ein negatives haben.

Vom Inhalt her, wie Annika Ström im Dagens Nyheter betont, unterstreicht das Video die Tendenz der europäischen Politiker, die Gründe der Wirtschaftskrise, je länger sie andauert, externen Feinden zuschreiben zu wollen. „Eine klassische — und gefährliche — Weise, um die Gemeinschaft zusammenzuschweißen, indem man anderen die Schuld an den eigenen Problemen zuschiebt“, schreibt sie. „Es stimmt, dass Europa dem globalen Wettbewerb ausgesetzt ist, mit China an der Spitze. Aber die Union hätte noch viel mehr zu gewinnen, wenn sie geeint bleibt, die Vorteile des Binnenmarktes besser nutzt und mit einer Stimme sprechen würde.“

Und genau das macht sie eben nicht. Bedenkt man die fehlende Pädagogik oder gar die Feindseligkeit der EU-Regierungen gegenüber der Idee des EU-Beitritts neuer Länder oder sieht man auf die Meinungsverschiedenheiten im Krisenmanagement, dann denkt man, dass eher die Politik eine Botschaft für mehr Mut zu Einheit und Gesprächsbereitschaft braucht.

Aus dem Französischen von Jörg Stickan

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