Auf einer Wolke

Veröffentlicht am 28 September 2012 um 14:30

Was kümmert uns die Krise, wo doch die Europäer der EU-Kommissarin für die Digitale Agenda zufolge alle bald auf einer Wolke schweben werden. Neelie Kroes präsentierte am Donnerstag, dem 27. September, ihre Strategie für das europäische Cloud Computing. Ziel ist es, die Vernetzung der IT-Services bei privaten und öffentlichen Akteuren zu fördern und zu diesem Zweck ab 2013 technische Standards, Zertifizierungen, Lieferverträge, Datenschutz- und Sicherheitskriterien sowie Nutzerrechte einzuführen. 45 Milliarden Euro sollen bis 2020 ins Cloud Computing investiert werden. Damit dürfte das Bruttoinlandsprodukt der Union um eine Billionen Euro angehoben und 3,8 Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden. Also nichts als gute Neuigkeiten.

Im IT-Bereich verzeichnet der Markt für Cloud Computing den weltweit höchsten Zuwachs. Die meisten großen Internet-Akteure (Google, Yahoo, Microsoft, Amazon, Dell, Facebook, Apple etc.) bewerben ihre Cloud Computing-Services aktiv. Sie behaupten, diese Technik ermögliche den Unternehmen 50 bis 60 Prozent der Hardware bzw. 10 bis 20 Prozent der gesamten IT-Aufwendungen einzusparen. Aber die meisten europäischen Unternehmen und Nutzer zögern noch, weil sie an der Sicherheit, dem Datenschutz sowie der Kompatibilität zwischen den Techniken und Gesetzen der einzelnen Länder zweifeln. Aus diesem Grund soll das Projekt der EU-Kommission das System vereinheitlichen und so den Umstieg auf die Wolke vereinfachen.

Aber, um richtig zu funktionieren, braucht das Cloud Computing einen stabilen, schnellen und günstigen Internetzugang. In vielen EU-Ländern sind diese drei Voraussetzungen allerdings immer noch nicht erfüllt. Im Januar 2012 waren nur 27,7 Prozent der Europäer mit Hochgeschwindigkeits-Internet versorgt, obwohl mehr als 90 Prozent der Europäer einen Internetzugang haben. Zudem zwingen die krisenbedingten Sparmaßnahmen die Behörden, sowohl auf Landes- als auch auf Europaebene, die Haushaltsposten für den Ausbau der Telekommunikationsnetze und die Steigerung der Datenübertragung zu kürzen. Die Infrastrukturen erfordern hohe Investitionen, während man heute überall den Gürtel enger schnallen muss. Schließlich kritisieren die Verbraucherverbände den mangelnden Ehrgeiz des Kroes-Projets, was die Urheberrechte, den Schutz der persönlichen Daten und die Nutzungsbedingungen betrifft.

Die Wolke, die Neelie Kroes verspricht, ist also nicht rosa. Dennoch weisen die geplanten Maßnahmen den Weg und bietet den Staaten, deren Cloud-Computing-Politik bestenfalls als schüchtern einzustufen ist und die noch starke Zweifel an der Nützlichkeit des grenzüberschreitenden Datenaustauschs hegen, einen Handlungsrahmen.

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