Pflicht zu Transparenz

Veröffentlicht am 9 November 2012 um 16:41

Der Rücktritt des EU-Gesundheits- und Verbraucherschutzkommissars John Dalli, dem vorgeworfen wurde, die Annäherungen eines ebenso wie er selbst aus Malta stammenden Lobbyisten nicht anzuzeigen, hätte für die europäischen Institutionen die Gelegenheit sein können, um zu zeigen, dass man sowohl ethisch als auch transparent sein kann. Den Institutionen wird häufig vorgeworfen, dass es ihnen genau an diesen beiden Tugenden mangelt.

Doch die Affäre scheint sich eher in die entgegengesetzte Richtung zu entwickeln: Die Kommission lehnt es ab, dem EU-Parlament den Bericht des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) vorzulegen mit dem Argument, dass er jetzt in den Händen des Generalstaatsanwaltes von Malta liegt. Unsere Kollegen vom EUobserver haben die Kommission kontaktiert, worauf diese erklärte, sie könne den Bericht nicht veröffentlichen „solange die Ermittlungen nicht abgeschlossen“ seien. Es traten auch Regelwidrigkeiten in der Art und Weise auf, wie die Kommission den Bericht dem Überwachungskomitee der OLAF übergab.

Einem Sprecher des OLAF zufolge, der auch vom EUobserver befragt wurde, könnte der Kommissionspräsident José Manuel Barroso den Vorbehalt der maltesischen Justiz übergehen, wenn dies rechtens notwendig oder für das öffentliche Interesse wichtig sei.“

Man kann berechtigter Weise davon ausgehen, dass diese Gründe hier bestehen. Vor allem, weil Dalli zurücktrat, als er sich mit einem anderweitig delikaten Thema auseinander setzte – nämlich der Verhärtung der Anti-Tabak-Gesetze — und er die mächtige Lobby des „big tobacco” beschuldigt, ihm eine Falle gestellt zu haben. Der Bericht des OLAF wurde Barroso am 15. Oktober übergeben; am nächsten Tag bat er Dalli darum, seine Stelle aufzugeben. Es wäre wünschenswert, dass der Kommissionspräsident und seine Abteilungen die gleiche Beflissenheit an den Tag legten, um eine volle Transparenz zu gewährleisten.

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