Grund zur Hoffnung

Veröffentlicht am 10 Mai 2013 um 13:43

Gibt es noch Grund zu Feiern am Europatag und am Gedenktag der Schuman-Erklärung, die als Grundstein der Europäischen Union gilt? Nicht wirklich, denken Sie jetzt wahrscheinlich.

Europa geht es derzeit denkbar schlecht: Wir stecken in der schlimmsten wirtschaftlichen und institutionellen Krisen der Nachkriegszeit, sind gespalten zwischen einem tugendhaften Norden, dessen Solidarität ausgereizt zu sein scheint und einem hinterherhinkenden Süden. Europas Integrationspolitik wird zudem blockiert von den Vetos der Mitgliedsländer, die unterschiedliche Interessen vertreten und penibel darauf achten, ihre Souveränität beizubehalten. Außerdem ist es hin- und hergerissen zwischen der Versuchung der einen, sich zurückzuziehen und dem Konfrontationskurs der anderen, und ist Opfer der Abkehr seiner Bürger und so weiter und so fort. Kurz gesagt glauben Europas leidenschaftlichste Gegner, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis das Gerüst zusammenbricht.

Trotzdem gibt es auch Gründe, die dafür sprechen, das Europa seinen Tiefpunkt schon erreicht hat und sich wieder auf dem aufsteigenden Ast befindet. Die Zeichen sind zwar noch schwach und man braucht eine starke Lupe und eine gute Dosis Optimismus, um sie zu erkennen. Doch sie sind ohne Zweifel vorhanden.

Die Bankenunion wird immer notwendiger, um eine weitere Krise der Staatsverschuldung zu vermeiden. Seit dem 7. Mai scheint sie greifbarer, nachdem Deutschland sie als „vorrangiges Projekt“ bezeichnete und sie „schnell voranbringen“ will.

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Dem Euro, dem man vor sechs Monaten nicht mehr viel zutraute, geht es besser. Mittlerweile scheint es klar, dass sich keiner in Europa mehr wünscht, er würde wieder verschwinden, allen voran Berlin. Die Mitgliedsländer der Eurozone haben im Übrigen anscheinend verstanden, dass sie nicht einfach weiterhin die gleiche Währung haben können ohne ihre Wirtschaftspolitik aufeinander abzustimmen.

Was die Wiederbelebung angeht, so ist Berlin — wieder die deutsche Hauptstadt — sich wohl bewusst geworden, dass es nicht in seinem Interesse steht, beflissene aber ausgeblutete Partner zu haben. Daher fängt es an, seine Position hinsichtlich der Sparpolitik aufzuweichen, so wie es Brüssel kurz zuvor getan hat. Der Druck aus Paris, Madrid und von der neuen italienischen Regierung ist daran nicht ganz unschuldig.

Natürlich sind wir noch nicht am Ende des Tunnels angelangt, aber ein Licht ist immerhin schon sichtbar. Und es handelt sich nicht um die Scheinwerfer eines Zuges.

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