Weitsicht

Veröffentlicht am 24 Juli 2009 um 22:40

Die Besonderheit des Horizonts besteht darin, dass er immer weiter in die Ferne rückt, je näher man ihm zu kommen glaubt. Der europäische Horizont macht da keine Ausnahme. Nach den großen Projekten der 80er und 90er Jahre dachten so manche, der föderalistische Horizont sei zum Greifen nahe. Nach dem Scheitern des europäischen Verfassungsentwurfs hofften dann die Euroskeptiker, wieder zum Horizont des Nationalstaats zurückzukehren. Mit dem Ergebnis, dass Europa nun nicht mehr weiß, welche Richtung es einschlagen soll.

Wir veröffentlichen diesen Freitag lange Auszüge einer Reflexion, die von der polnischen Wochenzeitung Polityka in Partnerschaft mit dem Strategiezentrum demosEuropa herausgegeben wurde. "Es ist hundertmal einfacher, in internen politischen Debatten Zuflucht zu suchen und die Außenwelt zu vergessen, und dabei stillschweigend zu hoffen, dass sich jemand anderes um die Probleme kümmern wird", betonen die Autoren. Heute muss die Europäische Union nach vorne blicken und "ein neues, anspruchsvolles Integrationsprojekt" ausarbeiten.

Die Alternative zu diesen Ambitionen aus Warschau kommt aus London. In der Financial Times warnt Philip Stephens, dass der "Mangel an Ambitionen" Europa auf die "Kriechspur" der Welt verweist. "Zu keinem Zeitpunkt der jüngeren Geschichte war es für die Europäer wichtiger, der Welt ihre Ambitionen zu beweisen. So komfortabel es auch heute wirken mag, Europa wird entdecken, dass eine Zukunft auf der Kriechspur alles andere als eine einfache Reise ist."

Philip Stephens stützt seine Warnung auf den Essay eines anderen Strategiezentrums, des Center for European Reform: "Ist Europa als Macht zum Scheitern verurteilt?" Die Antwort kann durchaus eine verneinde sein, doch unter der Bedingung, dass die führenden Köpfe Europas die Arbeiten all jener lesen, die nach Lösungen suchen.

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P.-S.: Vor zwei Wochen erwähnten wir die mögliche Schließung des Schwedischen Instituts in Paris, des einzigen Kulturzentrums, das Schweden im Ausland unterhält. Angesichts der allgemeinen Mobilisierung hat die Regierung diesen Plan aufgegeben.

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