Post-Berlusconi: Umberto Bossi beschließt eine Epoche

Veröffentlicht am 6 April 2012 um 13:46

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Für La Stampa ist es nichts Geringeres als „ein Erdbeben“ innerhalb der Lega Nord: Der Rücktritt von Umberto Bossi, Gründer und bis vor Kurzem unangefochtener Chef der populistischen, autonomen Partei, stellt der Tageszeitung aus Turin zufolge „eine Kapitulation dar, die eine Ära beschließt“.

Bossi wurde Opfer der Veruntreuungsoffenbarungen von öffentlichen Geldern seiner Partei, mit denen private Ausgaben seiner Angehörigen gezahlt wurden. Unter anderem hatte auch sein ernannter Erbe Renzo davon profitiert. Ein Triumvirat ersetzt ihn in seiner Funktion als Parteisekretär. Ihm selbst wurde das Amt des Ehrenpräsidenten übertragen.

Der Zeitung zufolge sei „es kein Zufall, dass Umberto Bossis Abschied knappe fünf Monate nach dem Abdanken Silvio Berlusconis erfolgt“. Dieser hatte über drei Wahlmandate mit der Lega regiert: „So wie manch untröstlicher Witwer konnte der eine das Ende des anderen nicht überleben. Ihr Bühnenabgang ändert unerwartet und wahrscheinlich für immer das Profil der italienischen Rechten und somit auch die gesamte nationale politische Landschaft.“

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La Repubblica zufolge hätte sich der Separatist Bossi selbst ein Bein gestellt. Jahrelang hat er gegen das ‚diebische Rom’ und den ‚Vandalstaat’ gewettert. Die Diebe hatte die Lega in ihren eigenen Reihen, sogar aus dem Hause Bossi. Und der Vandalismus fand in seinen Büros auf Kosten des Steuerzahlers statt.”

Dennoch, schreibt der Corriere della Sera, war das Bild des ungestümen „Senatùr“, der in regelmäßigen Abständen die Spaltung eines imaginären Padaniens an die Wand malte, schon seit längerem angekratzt:

Der rebellische Chef war selbst Gefangener seiner politischen Paranoia. Je mehr seine Führung an Gewicht verlor, desto mehr fühlte er sich von einem ‚Komplott’ verfolgt und verlor Tag für Tag mehr den Kontakt mit der weiten Welt der Kleinunternehmer des Nordens, die auf die Lega gesetzt hatten. […] Diejenigen, die an die Steuerreform und die Erleichterung der Bürokratie und der Staatsmaschinerie im freien Norden geglaubt hatten, vertrauten schon seit geraumer Zeit nicht mehr dem Schöngerede der Lega Nord.

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