Weißrussland

Ex-Häftling warnt EU vor Entgegenkommen

Veröffentlicht am 17 April 2012 um 13:21

Andrej Sannikow, einer der prominentesten politischen Häftlinge in Weißrussland, wurde am 14. April aus dem Gefängnis freigelassen, das The Independent als eines der „allgemein bekannten Gulag-Straflager“ des Landes beschreibt. Sannikow war früher stellvertretender Außenminister und einer der populärsten Oppositionskandidaten gegen Alexander Lukaschenko bei der Präsidentschaftswahl von Dezember 2010. Verhaftet wurde er nach einem Protestmarsch gegen mutmaßlichen Betrug, nachdem Staatspräsident Lukaschenko mit verdächtig hohem Vorsprung eine vierte Amtszeit davontrug. Dann wurde er für seine Teilnahme an „Massenaufruhren“ zu fünf Jahren Zwangsarbeit verurteilt.

In einem Interview mit der Londoner Tageszeitung beschrieb Sannikow die Bedingungen seiner 18-monatigen Haft. Nachdem er den weißrussischen Geheimdienst KGB bereits der Folter beschuldigt hatte, erklärte er:

Einen Großteil der Zeit verbrachte ich in Isolierhaft. In meinem letzten Gefängnis war es verboten, mit mir zu sprechen. Wenn jemand auch nur das Wort an mich richtete, und das brauchte nicht einmal ein Ausdruck der Unterstützung oder der Solidarität zu sein, dann verschlimmerten sich seine Haftbedingungen sofort, oder er wurde in eine andere Kolonie verlegt.

Die Freilassung Sannikows, wie auch die seines politischen Beraters Dzmitry Bandarenka, ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass sie den Präsidenten um Gnade ersucht haben. Dazu The Independent:

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Dadurch kann das Regime in Minsk herausheben, dass sie ihre Schuld eingestehen, und betonen, wie großmütig die Behörden waren, sie freizulassen.

Manche sehen diesen Schritt allerdings als Zeichen dafür, dass der diplomatische Druck der EU, mit dem Einreiseverbot und dem Rückruf der Botschafter, erfolgreich war. Sannikow, so die Londoner Tageszeitung weiter, warnt Europa dennoch davor, „dem Regime entgegenzukommen, bevor alle politischen Häftlinge [von denen es mehrere Hundert gibt] freigelassen worden sind“.

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