Die EZB dreht den Hahn zu

Veröffentlicht am 7 April 2011 um 10:44

„Die Europäische Zentralbank will die Zinssätze in Europa anheben“, titelt Les Echos am Tag, an dem die Zentralbank ihren Leitzins um einen Viertelpunkt auf 1,25 Prozent anheben soll.

„Zum ersten Mal seit knapp drei Jahren werden die Zinsen in der Eurozone wieder steigen. Damit bricht eine neue Zeit an. Nach zwei Jahren mit extrem niedrigen Zinsen macht der Weisenrat in Frankfurt die Marktteilnehmer darauf aufmerksam, dass es nun Zeit ist, wieder zur Normalität zurückzukehren“, schreibt François Vidal, Chefredakteur der Wirtschaftszeitung.“

Die Frage sei nur, ob man sich über diese Rückkehr zur Zinsorthodoxie freuen soll, schreibt er weiter:

„Die beiden Wirtschaftshypothesen, die dem Handeln der EZB zugrunde liegen, sind durchaus anfechtbar: Zunächst einmal ist die Gefahr einer erneuten Inflation, die in Frankfurt als das größte aller Übel gilt, nicht eindeutig erwiesen. Obwohl der Höhenflug der Rohstoffkurse in der Tat die Preiserhöhungen in den westlichen Ländern begünstigt, löste er keinesfalls einen Zweitrundeneffekt, also erhöhte Lohnforderungen aus. Auch in Deutschland nicht. Zudem, und das ist heute wahrscheinlich die Schlüsselfrage, ist es ganz und gar nicht sicher, dass die Eurozone robust genug ist, um die Erhöhung der Grundressource der Banken sowie die daraus folgende Bewertung des Euro tragen zu können. Es besteht also das nicht unwesentliche Risiko, dass der beginnende Zinserhöhungszyklus den Aufschwung dort, wo er stattfindet, bremst und zugleich in den schwächsten Ländern der Zone – allen voran Griechenland, Irland und seit gestern auch Portugal – die Probleme nur verschärft. In vieler Hinsicht ist die Entscheidung der EZB also ein riskantes Spiel.“

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Doch in der Zwischenzeit ist eines sicher, schließt Les Echos:

„Die EZB ist zwar weit über ihre Aufgabe hinausgegangen, um das Schlimmste zu verhindern, doch mit der zeitweiligen monetären Großzügigkeit ist nun Schluss. Jetzt müssen die Regierungen die Nachfolge antreten, um die Stabilität der Eurozone zu garantieren.“

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