Selten hat die Süddeutsche Zeitung eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in so hohen Tönen gelobt. „Sicherungsverwahrung ist verfassungswidrig“, jubiliert die Münchner Zeitung nach dem am 4. Mai verkündeten „epochalen Urteil“, das der Schröderschen Doktrin „Wegschließen – und zwar für immer“ ein Ende setzt. Die deutsche Gesetzgebung zur Sicherungsverwahrung für Häftlinge, die auch nach Verbüßen ihrer Haft als gefährlich eingestuft werden, hatte Deutschland einige Kritik vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingebracht. Jetzt hat Karlsruhe ein neues Gesamtkonzept vorgelegt, dass den Staat verpflichtet, die Sicherungsverwahrung auf Behandlung und Therapie auszurichten, damit Straftäter möglichst wieder freigelassen werden können. Berufliche Bildung, familiäre Kontakte, Psycho- und Sozialtherapie, Arbeits- und Freizeitangebot, alles, was die Rückfallgefahr mindert, muss zum Einsatz kommen. „Selten hat man ein so detailliertes Karlsruher Urteil gelesen, selten ein so großes Misstrauen gegen dem Gesetzgeber gespürt, selten eine so präzise Abwägung von Freiheit und Sicherheit gelesen“, schreibt Heribert Prantl in seinem Leitartikel. „Das Urteil akzeptiert es nicht, dass Rechtspolitik mit Wirtshausparolen gemacht wird.“
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