Ex-Präsident T. Băsescu, EU-Kommissionspräsident J.M. Barroso und Ministerpräsident V. Ponta.

Zwiespältige Wachsamkeit Europas

Nützt oder schadet Brüssels Schatten der Demokratie eines Landes? Mitten in der Debatte um die Amtsenthebung von Präsident Băsescu setzt sich die rumänische Presse mit dem zwiespältigen Gefühl gegenüber der Europäischen Union auseinander.

Veröffentlicht am 16 Juli 2012 um 14:49
Ex-Präsident T. Băsescu, EU-Kommissionspräsident J.M. Barroso und Ministerpräsident V. Ponta.

Nach einem Treffen mit Ministerpräsident Victor Ponta kündigte der Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Barroso am 12. Juli an, dass die Kommission das Referendum vom 29. Juli über die Amtsenthebung von Traian Băsescu genau beobachten werde. Die EU forderte weiterhin die Wiederherstellung der Machtbefugnisse des Verfassungsgerichtes. Außerdem wird sie am 18. Juli einen neuen Bericht des Mechanismus für Zusammenarbeit und Kontrolle über Rumänien und Bulgarien veröffentlichen, der die Aufnahme des Landes in den Schengen-Raum weiter verzögern dürfte. In Brüssel „empfand Victor Ponta die Ultimaten wie ein Schlag ins Gesicht”, meint Adevărul. Der Zeitung zufolge „traut Europa Staatsstreichen nicht über den Weg!"

Das dem politischen Lager des Ministerpräsidenten nahe stehende Jurnalul Naţional veröffentlicht einen Fragenkatalog über die Rolle der EU. „Wo war Europa, als […] Traian Băsescu die Regierungsmacht missbrauchte und die Gehälter der Beamten kürzte; als er die Ernennung des Botschafters der Niederlande in Bukarest hinauszögerte; als er Sparmaßnahmen ohne die Zustimmung der Regierung ankündigte, usw.“ Die Tageszeitung stellt José Manuel Barroso außerdem als „jungen Kommunisten“ dar, „der es geschafft hat, Europa zu regieren“ und scheut nicht davor, ein Video mit dem Titel Manuel Barroso the Communist zu verbreiten:

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Der aktuelle Präsident der Europäischen Kommission gibt sich durch antikapitalistische Slogans oder die Konfiszierung des Mobiliars der Jura-Universität (in Lissabon) zu erkennen. Der ehemalige junge Maoist hat die Invasion des Iraks unterstützt und ist für die Kürzung der Staatsausgaben verantwortlich.

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„Herzlich Willkommen, Europa!“,freut sich dagegen Adevărul. Die Tageszeitung versichert, dass die Rumänen „die europäische Solidarität“ brauchen:

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Das sind gute Neuigkeiten für Rumänien. Es ist einfach nur bedauerlich, dass die europäische Führung nicht eher gehandelt hat: beispielsweise als die Notstandsverordnung zur Regel für aufgezwungenes Regieren wurde; oder als Präsident Traian Băsescu den Richtern ihre Arbeitsweise vorschrieb, um nicht der Regierung in die Quere zu kommen; oder als er vor bestimmten wichtigen Entscheidungen dem Verfassungsgericht einen Besuch abstattete. Wenn Europa gehandelt hätte, wäre es vielleicht nie so weit gekommen [...] Die europäische Führung möchte sicher gehen, dass die Staatsmacht, von einem Sieg beim Referendum beflügelt, ihre dominante Stellung nicht ausnutzt. Der kommissarische Präsident Crin Antonescu kann beruhigt sein: eine derartige Einmischung schadet dem Land nicht! […] Im Gegenteil, denn die byzantinische Politik der Rumänen bringt einen zur Verzweiflung. Die Rumänen nicht zu bestrafen, sondern beim Aufbau einer neuen politischen Bühne zu helfen, wäre ein gutes Beispiel für soft power.

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