„New Born“ , „Neu geboren". Das Monument zur Unabhängigkeit des Kosovo in Pristina

Ein wenig mehr Unabhängigkeit

Am heutigen 10. September dürfte der jüngste Staat Europas seiner vollständigen Souveränität wieder ein wenig näher kommen, und zwar mit dem formalen Ende der internationalen Überwachung. Doch der Kosovo wird sich noch eine ganze Weile nicht völlig von der Überwachung lossagen können, wie die europäische Presse betont.

Veröffentlicht am 10 September 2012 um 15:31
„New Born“ , „Neu geboren". Das Monument zur Unabhängigkeit des Kosovo in Pristina

Das Büro des Internationalen Repräsentanten (ICO) in Pristina wird am 10. September schließen. Die Vertreter der 25 Staaten, die zur internationalen Lenkungsgruppe gehören, darunter 20 EU-Mitgliedsstaaten, die Türkei, Kroatien, Norwegen, die Schweiz und die USA, treten in der kosovarischen Hauptstadt zusammen, um den neuen Status für rechtsgültig zu erklären. Die internationale Überwachung war 2007 durch den Plan des UNO-Gesandten Martti Ahtisaari bestimmt worden. Das ICO wurde eingerichtet, als die Unabhängigkeit des Kosovo am 17. Februar 2008 ausgerufen wurde.

Der Abzug des ICO bedeutet jedoch nicht das Ende der internationalen Präsenz in der ehemaligen serbischen Provinz, wie die Zeitung Jutarnji List in Zagreb unterstreicht:

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Die NATO ist nach wie vor präsent und auch die EU-Mission EULEX hat im rechtlichen Bereich noch Befugnisse inne. In diesem Kontext macht der Ausdruck „volle Souveränität“ nicht viel Sinn. Zumal der Kosovo immer noch gespalten ist, aufgrund von Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Völkergemeinschaft sowie Unzulänglichkeiten der kosovarischen Regierung und der internationalen Missionen: Die im Norden lebenden Serben erkennen die Regierung in Pristina nach wie vor nicht an.

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In einem Gespräch mit dem NRC Handelsblad betonte der ehemalige EU-Vertreter im Kosovo, Pieter Feith, die noch zu bevorstehende Arbeit, insbesondere in rechtsstaatlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten sowie in der Korruptionsbekämpfung. Er erinnert auch daran, dass fünf EU-Staaten – Griechenland, Zypern, Rumänien, Spanien und die Slowakei –

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„Projekten entgegenwirkten, die den Kosovo bei seiner Entwicklung unterstützt hätten. Sie wollten ihn zu einem ‚failed state’ machen“, einem gescheiterten Staat, wie er erklärt.

Sie schossen da nur knapp am Ziel vorbei, so Jutarnji List weiter:

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Die kosovarischen Institutionen entstanden mit Zustimmung der Völkergemeinschaft und nicht durch demokratische Wahlen. Die Völkergemeinschaft traf nach der Feststellung der europäischen Beobachter, die Wahlen seien durch schwerwiegende Unregelmäßigkeiten beeinträchtigt worden, keinerlei Maßnahmen. [...] Was den Kampf gegen die Korruption betrifft, so glänzten weder die kosovarischen Behörden noch die EU-Mission.

Einer der Schlüsselakteure in dieser Krise ist Serbien, dessen Staatschefs sich mit dem Verlust scheinbar nicht abfinden wollten – auch wenn die EU-Beitrittsverhandlungen auf dem Spiel stehen. Wie Le Monde betont:

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Die Absichten der serbischen Staatschefs bleiben seit dem Sieg der Nationalisten bei den Parlamentswahlen vom 6. Mai unklar. Die EU wiederholt, dass die Integration von einer Normalisierung der Beziehungen zwischen Belgrad und Pristina abhängt, verlangt jedoch keine klare Anerkennung. Bis jetzt wurde der im März 2011 eingeleitete Dialog zwischen den beiden Hauptstädten nicht wieder aufgenommen.

Die Völkergemeinschaft hat im Kosovo noch gute Zukunftsaussichten, schreibt die Jutarji List abschließend:

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Das Ende der überwachten Unabhängigkeit ist eher auf den Wunsch der Völkergemeinschaft zurückzuführen, sich weniger mit dem Kosovo-Problem zu beschäftigen und dort weniger Geld auszugeben, als auf die Fortschritte des Kosovo. Obwohl sie beteuerte, die in Bosnien-Herzegowina begangenen Fehler nicht wiederholen zu wollen, konnte die Völkergemeinschaft sie nicht vermeiden. NATO und EU werden noch lange im Kosovo bleiben müssen. Die Entscheidung, der überwachten Unabhängigkeit des Kosovo ein Ende zu setzen, ist jedoch eine starke Botschaft an Serbien: Die Unabhängigkeit des Kosovo ist unbestreitbar und Belgrad muss mit diesem Gedanken leben.

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