Russlands Wirtschaft

„Schwierigere Zeiten, als die Regierung denkt“

Die Sanktionen des Westens aufgrund der Situation in der Ukraine beginnen zu wirken und der Ölpreis bleibt konstant niedrig – Russlands Wirtschaft ist unter Druck, und schwierige Zeiten kündigen sich an.

Veröffentlicht am 30 November 2014 um 07:26

„Eine drei-jährige Rezession beginnt in Russland“, titelt die Nezavissimaya Gazeta und schreibt, dass dem Land „schwierigere Zeiten bevorstehen, als die Regierung denk.“ Der Moskauer Tageszeitung zufolge sind Analysten einer der größten staatlichen Banken Russlands –

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der Meinung, dass die offiziellen Prognosen für die nächsten drei Jahre weit von der Realität entfernt sind. [...] Das Land ist auf dem Weg in eine tiefe Rezession, die mindestens drei Jahre dauern könnte. Es wird zwischen 2015 und 2017 keinen wirtschaftlichen Aufschwung geben. [...] Russlands BIP wird 2015 um 1,3%, 2016 um 1% und 2017 um 0,5% fallen. Frühestens 2018 könnte es zu einem Aufschwung – 0,3% Wachstum – kommen. [...] Wir müssen in den nächsten Jahren auch einen Anstieg in Investitionen vergessen: Industrielle Produktion wird 2015 um 1,8% und 2016 um 1% fallen. 2017 wird die Produktion stagnieren.

Russlands eigene Prognose seiner „Großteils Öl-basierten Wirtschaft“ von durchschnittlich 2,1% Wachstum über die nächsten drei Jahre war auf einem durchschnittlichen Preis von 110 Dollar (88€) pro Barrel am Anfang des Jahres begründet, schreibt The Economist. Jetzt wo der Preis pro Barrel unter $80 (64€) gefallen ist, ist „Russland verletzt“, schreibt die britische Wochenzeitschrift.

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Wenn sich die Wirtschaft auf einem nicht nachhaltigen Pfad befindet, wirkt die internationale Finanz oft als Katalysator, der die Länder schneller in den Abgrund stürzt als es Politiker und Investoren erwarten. [...] Mehr als zwei Drittel der Exporte sind Energieabhängig. Die Rubel hat in den letzten drei Monaten 23% ihres Wertes eingebüßt. Sanktionen des Westens haben zusätzlich Schaden angerichtet, da Banken die restriktiven Maßnahmen nicht nur auf Putins Kumpanen angewandt haben, sondern auch auf eine größere Zahl russischer Unternehmen. Generell haben Jahre der Kleptokratie dem Standort geschadet. Große Teile des Reichtums des Landes wurden unter Putins Freunden aufgeteilt. [...] Sollte sich die russische Wirtschaft einem Kollaps nähern, wird es Aufrufe aus dem Westen geben, die Sanktionen zurückzuschrauben. Diese Woche betonte Putin, dass 300 000 deutsche Jobs vom Handel mit Russland abhängen – und zurecht blieb Angela Merkel standfest. Putin muss endlich lernen, dass Taten Konsequenzen haben: Marschiere in ein anderes Land ein, und die Welt wird gegen dich handeln. Ebenso gilt dies für die Wirtschaft. Hätte Putin mehr Zeit damit verbracht, Russlands Wirtschaft zu stärken, anstatt seine Freunde zu bereichern, wäre er jetzt nicht so verwundbar.

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